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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0359
Doris Muth

2.4 DER SCHULBETRIEB

Das Habsthaler Mädchenpensionat war keine Erziehungsanstalt für höhere Töchter.
Seine Zielgruppe waren bürgerliche Mädchen vorzugsweise aus ländlichen Regionen
zwischen 12 und 14 Jahren, die bereits Kenntnisse im Schreiben und Lesen besitzen
mußten. Die Mädchen kamen aus wohlhabenderen bürgerlichen Familien, die es sich
zwar leisten konnten, ihre Töchter auf eine Privatschule zu schicken, wo aber ein
Notfall oder ein unvorhergesehenes Ereignis dem Schulbesuch ein schnelles Ende
bereiten konnten. Es gab einige Fälle, in denen ein Mädchen die Schule mitten im
Schuljahr verlassen mußte, weil es zu Hause zur Mithilfe im Haushalt benötigt wurde
. An Ausstattung benötigten die Mädchen beim Eintritt in die Schule, neben Kleidung
und Wäsche, ein Bett mit doppeltem Bezug, sechs Servietten, sechs
Handtücher, drei Küchenschürzen, einen Satz Besteck, einen Spiegel, zwei Kämme
(einen weiten und einen engen), ein Nähkissen und Stricknadeln. Außerdem sollten
sie die für Handarbeiten notwendigen Rohmaterialien wie Flachs, Garn, Wolle, Tuch,
Leinwand bereits von zu Hause mitbringen44.

Die Ausbildung war auf ein Jahr angelegt. Das Schuljahr begann jeweils am 1.
April. Am Ende des Schuljahres wurde eine öffentliche Prüfung abgelegt. Bei den
Prüfungen waren Mezler und Wessenberg, aber auch Regierungsvertreter aus Sigmaringen
anwesend, die sich vom Niveau der Schule überzeugen wollten. Für die Prüfung
mußten die Schülerinnen Musterarbeiten vorlegen. Es handelte sich um eine
Handarbeit, die jedes Mädchen entsprechend seinen Fähigkeiten und Vorlieben selbst
bestimmen durfte. Es war eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen das strenge
Reglement etwas gelockert wurde und der Kreativität der Schülerinnen etwas Spielraum
geboten wurde.

Nach erfolgreichem Abschluß des ersten Schuljahres bestand die Möglichkeit, ein
weiteres Jahr anzuhängen, um das bereits Erlernte zu vertiefen und die Allgemeinbildung
zu erweitern, die im ersten Jahr vernachlässigt wurde. Der Lehrplan des
zweiten Schuljahrs enthielt die Fächer Französisch, Musik, Zeichnen und Sticken, die
im ersten Jahr überhaupt nicht berücksichtigt wurden. Mezler, der diese Fächer im
Grunde ablehnte, sah wohl ein, daß sie für eine umfassende Mädchenbildung unentbehrlich
waren und den Mädchen nicht gänzlich vorenthalten werden konnten45.

Da man auch weniger wohlhabenden Mädchen die Möglichkeit einräumen wollte,
die Schule zu besuchen, wurde im Schuljahr 1808/09 ein Verfahren eingeführt, das es
Schülerinnen aus weniger vermögenden Familien ermöglichen sollte, sich während
ihrer Ausbildung ein Zubrot zu verdienen. Es beruhte auf der Idee, die praktischen
Fähigkeiten, die die Schülerinnen im Unterricht erwarben und perfektionierten, mit
der Möglichkeit des Gelderwerbs zu verknüpfen. Handarbeiten wie Spinnen, Weben,
Stricken oder Nähen eigneten sich am besten für dieses Experiment. Aus Spendengeldern
wurden Rohmaterialien wie Flachs, Baumwolle und Wolle angeschafft, aus
denen die Mädchen fertige Werkstücke herstellen sollten. Mit der Verwaltung des

44 Mezler (wie Anm. 20) Entwurf. S. 31.

45 Wie Anm. 23.

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