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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0390
Der Fürst und „seine" Hexe

Hechinger Schloss gewesen zu sein und dort Ihre Fürstl. Gn., als er noch klein war,
mit klein Stüelin umb stellet, und alß dan ein Jagen mit ime gehalten zu haben.
Damit war für den Fürsten nach Anna Kadis zum zweiten Mal eine Hexe auf bedrohliche
Weise in seinen unmittelbaren Lebensbereich eingedrungen, hatte ihn schon als
kleinen Jungen in einen magischen Kreis gebannt und damit Gewalt über ihn
erlangt75. Das ließ nur eine Konsequenz zu: Das Reiser Annele wurde zusammen mit
Eva Schäuble am Freitag, den 5. August 1650, zum Schwert begnadigt [geköpft] und
hernach zu Pulver verbrent.

Vier Wochen zuvor war es der Ehefrau des Hechinger Spitalmeisters genauso
ergangen. Maria Koch war bereits 1643 im Zuge der Untersuchung gegen Anna Kadis
in den Kreis der verdächtigen Frauen geraten, doch damals offensichtlich von ihrem
einflussreichen Mann - Jacob Füchslin war über Jahrzehnte hinweg in vielen
Ehrenämtern tätig gewesen - vor dem Schlimmsten bewahrt worden. Nun, knapp ein
Jahr nach dessen Tod wurde die Spitalmeisterin jedoch der Hexerei für schuldig
befunden und am 8. Juli 1650 auf dem Scheiterhaufen bei der Heiligkreuzkapelle verbrannt76
. Auch sie hatte gestanden, sich vor 14 Jahren dem Teufel übergeben und
durch Schadenzauber Tod über Mensch und Tier gebracht zu haben. Unter den
sieben unparteiischen Männern, vor denen sie dieses Geständnis, die Urgicht,
wiederholen musste, war auch Balthas Grün, Vater der mit dem Weißgerber Andreas
Harting verheirateten Anna Maria Grün. Der Schuhmachermeister konnte zu diesem
Zeitpunkt noch nicht ahnen, dass bald auch seine eigene Tochter in die Mühlen dieser
Hexeninquisition geraten würde.

6. ANNA MARIA GRÜN: EINE SCHUSTERTOCHTER IM VISIER
DER INQUISITION

Der Familienname Grün (Grien) findet sich in Hechingen bereits im Zollerischen
Leibeigenenverzeichnis von 1548. Die Grün tauchen dort u. a. als Schreiner, Mesmer
oder Hebamme auf; gegen Ende des 16. Jahrhunderts verdienen sie ihr Brot vor allem
als Schuhmacher77.

Anna Maria Grün war die Tochter des Hechinger Schusters Balthas Grün und
dessen Ehefrau Agnes Müller7S. Im Juni des Jahres 1647 hatte die ungefähr 22-jährige
den aus Füssen stammenden Weißgerber Andreas Harting (Hartting) geheiratet79.

75 Vgl. Hanns Bächtold-Stäubli (Hg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin, New York 32000, Bd. 5, Spalte 465.

76 Alt Jacob Füchslin starb zwischen Oktober 1648 und März 1649.

77 Beschreibung aller leibaigenen und mit leibaignen Personen der stat zu Hechingen sampt
den leybaignen ußleuten erneuert uff Zeit und Jaare. In: Bechtold Hagens Lagerbuch von
1544, StAS, Dep 39 (FAS), DH1, NZ 137, Bd. 13 Hechingen, fol. 96ff..

78 Erneuerung der leibeigenen Leuth in der Grafschaft Hohenzollern anno 1615: StAS,
Dep 39 (FAS), DH1, Rub 103, Nr. 44 (lfd. Nr. 142).

79 StAS, Audienzprotokolle Hol, T8, Bd. 94, 6.6.1647, fol. 319r. Wie damals üblich behielt die
Frau ihren Mädchennamen auch nach der Hochzeit bei. Die Kinder aus einer Ehe trugen
jedoch den Nachnamen des Vaters.

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