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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0391
Dietrich Bulach

Mit Hilfe der 30 Gulden, die seine Frau neben der üblichen Aussteuer in die Ehe
einbrachte, und weiteren 100 Gulden, die er selbst vorweisen konnte, erhielt ihr Mann
drei Monate später die herrschaftliche Bewilligung, eine Walkmühle an die Sägemühle
in der Unterstadt zu bauen und zu betreiben80. Die frühere alte Walkmühle am Mühlgraben81
war, wie auch die Wüstenmühle und andere herrschaftliche Mühlen, im
Kriegsjahr 1633 zerstört worden82. Als Harting am 16. Januar des Jahres 1648 als
Bürger von Hechingen aufgenommen wird83, hat sich das junge Paar eine bescheidene
Existenzgrundlage geschaffen, auch wenn der Versuch des Gerbers, sich wirtschaftlich
ein zweites Standbein zu schaffen, erfolglos bleibt: Sein im August des
Jahres 1648 gestellter Antrag, in der Bleumühle Werck bleuen zu dürfen, wird abgelehnt84
.

Eheschließung und Existenzgründung fielen damit nicht nur in die letzten Jahre
des Dreißigjährigen Krieges, sondern auch in eine Phase intensiver Hexenverfolgungen
. In dieser letzten der insgesamt drei großen Verfolgungswellen auf hohenzolleri-
schem Boden, die die Jahre 1640 - 1654 betraf, gerieten allein in der Stadt Hechingen
mindestens neun Frauen ins Visier der Hexenjäger85. Eine davon war die junge
Weißgerberin.

Warum der Hexenverdacht unter anderem auch auf sie, die Schustertochter und
Ehefrau des Weißgerbers Andreas Harting fiel, ist nicht so einfach zu erklären, denn
es fehlen die obligatorischen Verhörprotokolle und Zeugenaussagen, die genaueren
Aufschluss über die Art der Beschuldigungen gegeben hätten. Prinzipiell, das hat die
Hexenforschung gezeigt, konnte jeder im Laufe seines Lebens in den Verdacht der
Hexerei geraten, unabhängig von Stand, Alter oder Geschlecht. „Der Verdacht gegen
einen Menschen, eine Hexe oder ein Hexenmeister zu sein, bestand oft bereits lange

80 Walkmühle: Wassermühle zum Walken der Felle. Walkmühlen wurden außer von Wolltuchmachern
auch von Weiß- und Sämischgerbern benutzt, um feinere Lederarten geschmeidig
zu machen. Mit der Säge ist wohl die Wiestenmühle gemeint, wo vor dem Krieg (1597)
ein Sägmüller tätig war (s. StAS, Frevelprotokolle Hol, T 8, Bd. 189, 20.3.1597, fol.7rf). An
anderer Stelle (StAS, Audienzprotokolle Hol, T 8, Bd. 94, 9.6.1649, fol. 408r) wird Hartings
Walkmühle in der Ströckhin lokalisiert. Streckenmühle war in Hechingen eine andere Bezeichnung
für Wiestenmühle.

81 Am 14.3.1620 hatte Balthas Joß von Hechingen dem Knappen Caspar Füchslin daselbsten
die Walckhmihlin am Mihlgraben bey des Gerbers mühl für 330 Gulden verkauft. Dieser hatte
aber nicht das Gerberhandwerk im Sinn, sondern ging in die hohenzollerische Geschichte
als Geldfälscher ein, der einen großen Anteil des Falschgeldes bei seinem Haus im Mühlgraben
versteckt hatte (s. Hohenzollerische Heimat, 1954, S. 10). Der letzte urkundlich erwähnte
Weißgerber vor Andreas Harting war Georg Mayer, des Nachpredigers von Trochtelfingen
Schwestermann (StAS, Audienzprotokolle Hol, T 8, Bd. 87, 3. 8.1613, fol. 53r). Er betrieb das
Handwerk in Hechingen von ca. 1613-1620.

82 Ludwig Egler: Chronik der Stadt Hechingen, Hechingen, 21906, S. 128.

83 StAS, Ho 1, T 7, Nr. 1505, Jahrgerichtsprotokoll 1648, fol. 314.

84 Bleumüle: Mühle zum Bleuen (erstmaliges derbes Klopfen) des Flachses und Hanfes,
wodurch die Holzteile gelöst werden. Ein so gereinigter, zum Spinnen o.a. zugerichteter Hanf
und Flachs wird Werck (auch: Werg) genannt. StAS, Audienzprotokolle Hol T 8, Bd. 94,
26.8.1648, fol. 383.

85 Vgl. Bumiller (wie Anm. 2: Ich bin des Teufels) S. 4.

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