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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0416
Der Fürst und „seine" Hexe

kauffen dergleichen Bücher und Ausleyung der Hayl. Schrifften und Bücher vergrößert
und weiterverbreitet. Dieses Mal sollte der Schustermeister allerdings nicht
mehr so glimpflich davonkommen: Der Wiederholungstäter wird umgehend in
Arrest genommen.

Die nächste Strafmaßnahme Eitel Friedrichs zielt nun aber nicht, wie zu vermuten
wäre, auf die Tochter; sie trifft vielmehr den Schwiegersohn Andreas Harting. In einer
späteren Rechtfertigung begründet Eitel Friedrich dessen Internierung damit, dass er
aus erbeblichen Ursachen Bedenken gehabt habe, die Hauptverdächtige Anna Maria
Grün verhaften zu lassen. Durch die Festnahme ihres Gatten habe man sich der Frawe
versichert™. Solcherlei Skrupel im Umgang mit vermeintlichen Hexen war man von
Eitel Friedrich II. eigentlich nicht gewohnt. In der Regel wurden Hexenprozesse unter
seiner Leitung in Hohenzollern-Hechingen zügig durchgeführt und die Urteile umgehend
vollstreckt. Worin bestanden also die erhebliche Ursachen, die den Fürsten
zögern ließen? Ein Hinweis darauf ergibt sich aus seiner Begründung, warum man
dem in Geiselhaft Genommenen sogar den Grund seiner Festnahme verheimlicht und
damit jeder Verteidigungsmöglichkeit beraubt hatte. Man habe ihm die Ursach f...] nit
angedeutet [...], damit nit Ärgeres darauß würde und das Maleficium solcher Gestalten
besser erforschet u. abgewendet werden mochte. Diese Aussage dokumentiert eine
tiefe Verunsicherung des Fürsten hinsichtlich der Art des angewendeten Zaubers, der
damit verbundenen Gefährdung und somit auch der angezeigten Abwehrmaßnahmen
. Er sei, so Eitel Friedrich einige Wochen später, damals indisponiert, affligiert
[betrübt, niedergeschlagen] und vexiret [gequält, geplagt] gewesen. Auch wenn er den
letzten Begriff später wieder gestrichen hat, so dokumentieren diese Aussagen dennoch
den Leidensdruck, dem sich der Fürst damals durch den vermeintlichen Zauber
ausgesetzt sah204. Körperliche und psychische Beschwerden sowie politischer Druck
von Seiten seiner Brüder und der Kommission erschienen dem Fürst offensichtlich als
zwei Seiten derselben Medaille, als Werk zauberischer Mächte, die ihn und sein Fürstenhaus
zu vernichten suchten. Seine schlechte psychische Verfassung blieb auch dem
badischen Subdelegierten Streit nicht verborgen, der am 17. Januar 1653 in einem
Schreiben an den Markgrafen von Baden „über einen Besuch bei Eitel Friedrich"
berichtet, „man verspüre laider bey diesem fürsten annoch gahr schlechte oder zu
sagen einige besserung, in deme sie mit gewonther melancholia bestendig verhaftet,
und alle ihre impressionis immerforth continuiren"205.

Am 18. Januar 1653 lässt Eitel Friedrich dem Vater der vermeintlichen Hexe eine
Urfehde abnehmen206. Balthas Grün muss für seine begangenen Untaten Abbitte
leisten und mit aufgehebten Fingern geloben, sich dergleichen verdächtigen [lutheri-

203 Wie Anm. 200.

204 StAS Dep. 39 (FAS), HH1, Rub. 53, Nr. A 781: Fürst Eitel Friedrich an Kaiser Ferdinand
III., dat. 25.2.1652.

205 Ortlieb (wie Anm. 42), S. 236, Anm. 272.

206 Wie Anm. 93: Urfehde nennt man den feierlichen Eid, den ein aus dem Gefängnis Entlassener
schwören muss. Er erkennt darin u.a. die Rechtmäßigkeit seiner erlittenen Haft an und
versichert, sich jeder Rache, sei es mit Worten oder Werken gegenüber Kläger, Richter oder
sonstiger am Gerichtsverfahren Beteiligter zu enthalten.

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