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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0427
Dietrich Bulach

des Fürsten geblieben, habe also deren ursprünglich vermuteten zauberischen
Charakter nicht bestätigt. Dem widerspricht Eitel Friedrich jedoch ausdrücklich:
negatur. Der Effect ist über 3 wochen klar erschienen2^. Man habe die erfolgte
Verbesserung augenscheinlich spühren und sehen künden25'*.

Damit war für ihn zunächst der Schadenzauber faktisch erwiesen und damit das
corpus-delicti-Problem geklärt. Nach gängiger Rechtslehre, so Oestmann, wurde bei
Hexenprozessen nämlich das „Inquisitionsverfahren in eine General- und eine
Spezialinquisition [geteilt]. In der Generalinquisition war der Richter verpflichtet,
zunächst festzustellen, ob eine bestimmte Straftat überhaupt geschehen war; er hatte
also nach dem corpus delicti zu forschen. Erst im Stadium der Spezialinquisition
durfte dann gegen einen namentlich bekannten Verdächtigen vorgegangen, insbesondere
die Folter angewendet werden260." Eitel Friedrich hatte damit seiner Meinung
nach die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, um notfalls mit der
Spezialinquisition gegen die Weißgerberin vorgehen zu können.

Zunächst jedoch kommt der Fürst tatsächlich seiner gegebenen Zusage nach und
setzt die Weißgerberin, die knapp zwei Wochen inhaftiert gewesen war, auf freien
Fuß, allerdings nicht ohne ihr das Versprechen abzuverlangen, daß sie auß dem Ohrt
oder wenigst unserer Jurisdiction nit weichen wollte261. Zum selben Zweck müssen
sie und ihr Vater sich für den Mann bzw. Schwiegersohn Andreas Harting verpflichten
und verbürgen. Bald darauf bemüht sich Eitel Friedrich gegenüber der wirtschaftlich
ruinierten Gerberfamilie sogar intensiv um finanzielle Wiedergutmachung
für den durch die Haft entstandenen Schaden. Damit wollte er vielleicht auch einem
möglichen Injurienprozess wegen des immateriellen Schadens zuvorkommen, galt es
doch als schwere „Ehrverletzung [...] wenn jemand unschuldig in einen Hexenprozeß
verwickelt wurde262." Schließlich musste die Freilassung Anna Maria Grüns
trotz des gefundenen Zaubergegenstandes objektiv als Freispruch angesehen werden,
auch wenn sich für den Fürst die Sache subjektiv ganz anders darstellte. Jedenfalls
schickt Eitel Friedrich seinen Vertrauten, Spitalmeister Schuppart, zur Weißgerberin
mit dem Auftrag von ihro zuvernemmen, waßgestalt, wegen außgestandener voriger
Gefangenschafft und durch waß Müttel sie ihre Leibscräfften erhalten und ihr Hand-
tierung [ihr Gewerbe] wiederumben treiben khünden. Der Fürst werde ihr darzue
mit Allermöglichkeit helffen und rathen. Wolle Anna Maria Grün sich jedoch - wohl
auf Grund ihrer beschädigten Reputation - in ihres Manns Heimet begeben [...], solle
sie nit hählingen hinweckhgehen. Eitel Friedrich werde ihr Gelt und Müttel zue der
Raiß hergeben. Mit soviel Entgegenkommen und Großzügigkeit hatte die überraschte
Familie Grün-Harting offensichtlich nicht gerechnet. Gleichsamb mit weinenden
Augen, wie Schuppart berichtet, hätten sich Vatter, Tochter und Tochtermann gegen
Ihr Fürstl. Gnaden underth. bedanckht. Als der Spitalmeister wenig später mit einer
Duccaten versehen der Familie erneut aufwartet, um ihre Wünsche zu erfragen, lassen

258 Wie Anm. 200, dat. 20.9.1654.

259 Wie Anm. 200.

260 Oestmann (wie Anm. 35), S. 170f.

261 Wie Anm. 200.

262 Oestmann, S. 60.

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