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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0428
Der Fürst und „seine" Hexe

ihn die Weißgerberin und ihre Leuth wissen, sie brauchten zu ihrer Handtierung 20
Reichstaler. Darüber hinaus bitten sie den Fürsten untertänig, ihnen ein kleines
Häuslin an der Seeg Mühlin, so ohne daß hete sollen abgebrochen werden, zu einer
Walckhin zu uberlassen, warüber Ihr Frl. Gn. ermelte 20 Reichsthaler neben dem
Häußlin dergestallt verwilliget, dz Sie monatlich 6 fl bey der Cammer, Er Selbsten
erhöben solle". Zu guter Letzt schenkt Eitel Friedrich der Familie sogar noch zwölf
Tannen im Ramspach, die sie zu Brettern verarbeiten dürfen263.

In diesem auffälligen Entgegenkommen Eitel Friedrichs mag man die Reaktion
eines schlechten Gewissens, eine berechnende juristische Vorbeugemaßnahme oder
einen Ausdruck der Dankbarkeit für die Befreiung von körperlicher oder seelischer
Qual sehen. In jedem Fall hat dieses Happy End etwas Märchenhaftes an sich - als
wären alle Beteiligten urplötzlich aus einem alptraumartigen Geschehen erwacht.
Doch dieses glückliche Ende sollte keinen Bestand haben. Als Schuppart zum dritten
Mal, wiederum mit einer Duccaten versehen, bei der Weißgerberin erscheint, hat er
sie im Auftrag des Fürsten zu befragen und wohl [zu] erinnerern [...], ob sie ehin-
malen ainigen Gaistlichen etwas geben habe. Hinter dieser scheinbar harmlosen
Frage steht das (wieder erwachte) Misstrauen Eitel Friedrichs, dass es im Zusammenhang
mit der gefundenen Zauberkugel nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen
sein könnte. Anna Maria Grün erkennt sofort die versteckte Absicht, weshalb
sie die Frage mit hohem Beteüren [...] verneinet. Doch kaum hat sie dies gesagt,
korrigiert sie sich wieder, vermutlich aus Angst, beim Aussprechen der Unwahrheit
ertappt zu werden und dann mit schlimmen Folgen rechnen zu müssen: under
solchem ihr beygefallen, dz sie Pr. Joseph Francisc: unlängsten ein pergamentin Bildle
zugestelt1M.

Warum hatte die Frau den Franziskanerpater mit dieser kleinen Aufmerksamkeit
bedacht? Wollte sie sich dafür bedanken, dass er einen positiven Einfluss auf die Entscheidungen
des Fürsten und damit auf ihre Freilassung ausgeübt hatte? Oder wollte
sie sich dafür erkenntlich zeigen, dass der Pater gegenüber dem Fürsten bestritt, die
ominöse Wachskugel von ihr bzw. durch einen Hinweis von ihrer Seite gefunden zu
haben? Denn damit war das corpus delicti, der von Eitel Friedrich behauptet
Schadenzauber, nicht mehr eindeutig ihr zurechenbar. Wie dem auch sei - dieser
letzte Besuch des Spitalmeisters dürfte der Weißgerberin mit einem Schlag klar
gemacht haben, dass trotz (oder gerade wegen) der Hilfe von Pater Joseph die Sache
noch längst nicht überstanden war; dass das ungewöhnliche Entgegenkommen des
Fürsten keine Garantie darstellte, dass man das Verfahren gegen sie nicht irgendwann
wieder aufnehmen würde.

Die nächsten Wochen sollten jedoch zunächst ohne besondere Vorkommnisse ins
Land gehen. Der nachlassende Leidensdruck hatte dem geplagten Fürsten auch politisch
neuen Auftrieb geben und ihn zu energischen Entscheidungen ermutigt.
Anfang des Jahres 1654 war man am Reichgerichtshof noch damit beschäftigt gewesen
, die auseinander gebrochene letzte Kommission wieder neu zusammenzufügen.

263 Vermutlich Ramsbach bei Oppenau im Schwarzwald.

264 WieAnm. 211.

413


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