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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0430
Der Fürst und „seine" Hexe

werden. Tatsächlich bezeugte die Fürstin im niederländischen Bergen op Zoom auch
allen guoten Willen und erklärte sich bereit, nach Hechingen zu kommen, um ihrem
Gatten bei der Lösung der Probleme beizustehen268. Sie bestand jedoch auf einer
schriftlichen Petition Eitel Friedrichs. Da dieser sich jedoch in seinem Schreiben mehr
am finanziellen als am seelischen Beistand seiner Gattin interessiert zeigte, ließ die
Gräfin den noch in Bergen befindlichen Velber wissen, dass sie dem Ansinnen ihres
Gemahls nicht nachkommen werde: nit allein - so Velbers Mitteilung an den Fürsten
- wegen demselben Gemahlins Rathsleuth, die J. F. G. grose Freund nicht sind, sonder
weilen J.F.G. Gemahlin selbst mit ihr eigen genuog zuthuen hat, ihre grose Hofhaltung
zu underhalten, weilen sie dies Jahr merklichen grosen Schaden mit Hochwasser
geliten, und viel Landts ertronken ist, welches nimmer mer zu Nutzen kann
gebracht werden269. Als Eitel Friedrich sich daraufhin nicht einmal mehr bemüßigt
fühlte, auf das von seiner Gattin nach wie vor aufrechterhaltene Beistandsangebot zu
antworten, rang der bisher so diplomatisch-feinfühlig agierende Kaufmann Velber
unverkennbar um Fassung: Er müsste sich schämen, so Velber, jemandem zu offenbaren
, dass der Fürst seiner Gattin nicht einmal mit einer geringefn] [...]petiti [...]
willfahren wolle, wo diese doch einen grosen Nutzen schaffen kondte. [EJin ieder
müsste nun sagen, dass J.F.G. kein affecti zu seiner Gemahlin betten. Er wünsche in
Gottes Namen nichts mehr, als das J.F.G. sein Gemahlein liebete, als sie J.F.G. thuet,
denn dies sei ein Gebot Gottes: Wer dieses Gebot nit underhalt, der könne kein Segen
von Gott haben, darumb steth Leib und Seel, Land und Leuth in Gefahr verlohren
zu gehen, dan viel Bitten kann nicht helfen, es muesen die Wercken darbey sein. Eitel
Friedrich müsse daher seine Humoren etwas veranderen, und sich etwas fuegen nach
einander, und nit allzeit nach sein Guot duncken fortgehn, dan es ist nichts loblichers,
als das ein Prinz oder Potentat, ia ein gemeiner Man [...] sein wortprestirt [hält]. Er
hoffe nicht, so schreibt Velber dem Fürsten ins „Stammbuch", dass er veränderlich
von Sinnen und Gemueth sei. Denn wolle er einen guoten Rath nit achten, und die
Mittelen die vorhanden, nit gebrauchen, so könne ihm keiner mehr helfen; der Fürst
dürfe dann aber auch keinem etwas vorwerfen als nur mehr sich selbst!

Der holländische Kaufmann hatte mit diesen deutlichen Worten allerdings noch
längst nicht seinen „Kropf geleert". Die standesgemäße Zurückhaltung dem adligen
Geschäftspartner gegenüber nun fast völlig aufgebend, fügte er seinem Schreiben ein
langes Postskriptum an, das eine Mischung aus persönlicher Betroffenheit, religiösem
Eifer und kaufmännischem Vabanquespiel darstellt. Wie ein Kind zu seinem Vatter -
so Velber zunächst einfühlsam - wolle er reden und die Wahrheit schreiben. Er, Eitel
Friedrich, folge nicht den Willen Gotts. Denn, wie schon im Buch Jesus Sirach
geschrieben stehe: Wie lieblich und fein ist, das sich Man und Frow wol mit ein ander
begehe, darüber die Engel in dem Himel, Ja Got selbst erfreut, da dar Fried und
Liebe ist, dar ist Got, und dar Got ist, dar ist Glück und Segen nach Leib und Seel,
contrarium der Teufel und die Hell. Ihre fürstliche Gnaden müsse sich nicht wun-

268 StAS Dep. 39 (FAS), HH1, Rub. 53, Faszikel II, Nr. A 823: Georg Velber an Fürst Eitel
Friedrich, dat. Bergen op Zoom, 15. L1654.

269 Ebd., dat. 19. L1654.

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