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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0439
Dietrich Bulach

worden sei. Da die Weißgerberin aber hartnäckig leugne, mit dieser Kugel etwas zu
tun zu haben, müsse man nun zur Spezialinquisition greifen und sie mit der Schärpfe
bekennen machen, ihr also das Geheimnis um die Herkunft der Kugel auf dem Wege
der Folter abpressen. Dass ihm bei dieser juristisch fragwürdigen Argumentation
nicht ganz wohl ist, zeigen seine weiteren schriftlich festgehaltenen Rechtfertigungsversuche
: Aufgrund der ersten Gefangennahme und des Arrests (ex causis primae
capturae et detentionis) glaube er gantz vermuetlich [..] gegen sie zue procedieren
befiiegt zu sein. Immerhin sei sie verdächtig, mit Hilfe eines Malefiziums Gewalt ausgeübt
zu haben und sie habe das Malefizium ja schon einmal preisgegeben. Auch
habe ihr der Geistliche damals in seinem Auftrag nur die Freilassung versprochen
und sonst weiter nichts. Schließlich sei sie mit ihrem Mann trotz eines gegebenen
Versprechens geflohen. Damit sei in dieser Sache der juristische Spielraum für
Vertröstungen ausgeschöpft. Ergo, so Eitel Friedrich mit Nachdruck, hab ich auch
änderst nichts zu scrupulieren295.

Und dennoch: Die Skrupel lassen sich nicht einfach durch einen Federstrich
hinwegwischen. Es sind weniger Skrupel moralischer Art oder hinsichtlich der
juristischen Vorgehensweise; vielmehr steckt hinter Eitel Friedrichs Bedenken die
existentielle Angst um das eigene Leben. Denn, so muss der Fürst eingestehen, es sei
wol zu beobachten gewesen, dass vom Zeitpunkt der Inhaftierung der Weißgerberin
an die Plage nicht wie erhofft nachgelassen, sondern vil mehr sich stärckher erzeigt
habe296. Nachdem jedoch die güetliche öeffters widerholte Ermahnung" an die
Beschuldigte, ihr Wissen preiszugeben, nichts fruchten wollen, gibt Eitel Friedrich
Ende August, Anfang September 1654 den Befehl, die Tortur anzuwenden297. Er lässt
seinen ehemaligen Oberamtmann Schwegler auf die Festung Hohenzollern rufen,
nimmt ihn, nach dessen Aussage, bej der Hand und beauftragt ihn, bei der peinlichen
Befragung das Protokoll zu führen298. Schwegler wird später behaupten, er habe
Ihro fürstl. G. bezüglich des ganzen Prozesses gegen die Weißgerberin etlichmahl
dehortiert [abgeraten], aber mit seinen Einwänden keinen Erfolg gehabt. Anna Maria
Grün hingegen gibt später an, alle Amtleute hätten sich ihrer Gefangenschafft und
Tortur kheines wegs annemmen wollen; so baldt nur der geweste Oberambtman
Schwegler darzu khummen, seye sie an die Tortur geschlagen, und gepeinigt
worden299.

Auch wenn hier Aussage gegen Aussage steht, so sprechen die Indizien eher für die
Version der Inquisitin: Nach seiner unehrenhaften Entlassung aus dem Oberamt hatte
Schwegler merkwürdigerweise die Grafschaft nicht verlassen. Wegen vorgeloffner
Schmachhendel befand er sich nämlich de facto in des Hl. Rom. Reichs AachP00.
Andererseits konnte oder wollte Eitel Friedrich nicht auf die langjährige Erfahrung

295 Wie Anm. 251.

296 Wie Anm. 200, dat. 13.9.1654, Pkt. 6.

297 Wie Anm. 200.

298 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 99, 10.5.1655, fol. 129r.

299 Ebd., fol. 134f.

300 Wie Anm. 316, fol. 82.

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