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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0046
Heinrich Bücheler

In einem Brief an die Fürstin Amalie Zephyrine in Sigmaringen schrieb König Joachim
Napoleon über die Lage in seiner Hauptstadt wie folgt":

Madame,

Ich habe Ihren schönen Brief erhalten und war nicht nur erfreut durch die Erinnerungen
an Ihre Hoheit, die er wach rief, sondern auch besonders gerührt durch alle
Liebenswürdigkeiten, die er enthält.

Neapel hat sich ziemlich verändert. Sie verließen eine ruhige Hauptstadt. Inzwischen
ist sie ein Lager geworden. Die Herren Engländer sind während der Kursaison nach
Ischia gekommen und wir sehen nicht ein, warum zwanzigtausend Mann nötig sind,
um den Besitz einer Insel zu behaupten, die ich nie verteidigen wollte. Sie haben sich
lächerlich gemacht. Ich setzte mich der Gefahr aus, mein Königreich zu verlieren, um
eine Insel zu bewahren, die der Feind keinen Monat lang halten kann.
Seien Sie jedoch nicht um uns besorgt. Meine Familie und die Königin sind wohlauf.
Ich erneuere Ihrer Hoheit meine Hochachtung

Ihr sehr gewogener
Joachim Napoleon
Neapel, den 10. Juli 18...

Dieser Brief ist in einer fahrigen, schwer lesbaren Handschrift, wie in großer Eile
oder unter starker nervlicher Belastung geschrieben, vermutlich von Murats eigener
Hand. Das genaue Datum ist nicht zu entziffern, es muß sich aber um den 10. Juli
1809 gehandelt haben. Die blutigen Schlachten von Aspern und Wagram waren im
Mai geschlagen worden, ohne Murat, der Friede von Wien/Schönbrunn vom 14.
Oktober 1809 wurde vorbereitet. Betrieben wurde aber auch die Ehescheidung des
Kaisers von der Kaiserin Josephine, die Napoleon keinen Thronerben mehr schenken
konnte. Vor allem die drei Schwestern des Kaisers, allen voran Caroline, arbeiteten für
die Scheidung des Bruders von der „Alten", wie sie Josephine nannten. Murat war seit
den Tagen des oberitalienischen Feldzugs mit Josephine verbunden, doch Caroline
brachte ihn in die Front der Bonapartes gegen die Beauharnais. Dem an sich gutmütigen
Reitersmann kann die ganze Sache nicht leicht gefallen sein, zumal gerade die
Kaiserin Josephine, als alte Freundin der Sigmaringer Fürstin Amalie Zephyrine, sich
für die Heirat von Murats Nichte mit dem Erbprinzen Karl eingesetzt hatte. Hinzu
kam, daß Napoleon fast alle Gesetze, Maßnahmen und Reformen Murats kritisierte,
ihre Zurücknahme verlangte und keinen Zweifel daran ließ, daß er in dem Schwager
nur seinen Stellvertreter am Vesuv sah und keinen wirklichen Souverän. Der Generalstabschef
Berthier, dem Napoleon auch familiäre Angelegenheiten anvertraute, gab
Murat schriftlich folgenden Rat: Seien Sie für Ihre Untertanen der König, für den
Kaiser der Vizekönig! Murat soll geantwortet haben: Man ist nicht König, um zu
gehorchen! - Auch im Familienrat lag Murat derzeit falsch, kurzfristig jedenfalls,

11 StAS Dep. FAS HS 1 T 1 - 5 R. 53 Nr. 1159. Aus dem Französischen übersetzt vom Verf.
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