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Zu seinem Leben und zu seinen Briefen an die Fürstin Amalie Zephyrine

maringen, wurde er nach Paris befohlen, wo er am 4. Mai 1812 eintraf. Napoleon
empfing ihn mißtrauisch. Die engen Kontakte der Königin Caroline mit dem österreichischen
Botschafter Mettenich waren ihm nicht verborgen geblieben. Am 12. Mai
1812 reiste Murat zur Grande Armee ab, wo ihm vier Korps, die Blüte der Kavallerie
Europas, unterstellt wurden.

Der Rußlandfeldzug wurde Peripetie und Anfang vom Ende des Kaisers Napoleon
- und weitgehend auch des Königs Murat. Eine solche Streitmacht hatten die beiden
noch nie gegen einen Feind geführt: 300 000 Franzosen, 180 000 Mann deutscher
Rheinbundtruppen, 90 000 Polen und Litauer, 30 000 Österreicher, 30 000 Italiener
und Illyrer, 20 000 Preußen. Von den über 600 000 Mann der Gesamtstreitkräfte marschierten
über 400 000 nach Moskau, aber von ihnen kehrten nur 42 000 zurück.

Warum überhaupt Moskau? Politische Hauptstadt und Zarenresidenz war seit
Peter dem Großen St. Petersburg. Auch diente der Feldzug nicht zuletzt der
Schließung der baltischen Häfen im Rahmen der Kontinentalsperre; diese würde
erreicht durch einen Marsch auf St. Petersburg, nicht aber auf Moskau. Auf St.
Helena sagte Napoleon später, er habe den Rußlandfeldzug gar nicht gewollt und
dann bei der Planung und Durchführung desselben schwere Fehler gemacht. - War da
niemand, der auf die Weite des russischen Raumes hinwies und auf die eisigen Temperaturen
des Winters, die, beide zusammen, das Zarenreich unbezwingbar machten,
wie das Inselreich die Weiten des Meeres? In der Außenpolitik hatte Napoleon
zunächst einen vorzüglichen Ratgeber in Talleyrand - aber nur bis 1807, dann arbeitete
der einstige Bischof von Autun insgeheim auf den Sturz des Kaisers hin. „Wäre
er nur ein Mann kühlen Wägens gewesen, wie etwa Talleyrand, so hätte er sich ausrechnen
können, daß Frankreichs Kräfte niemals reichten, auf Dauer Europa
'zwangszuintegrieren'; aber stärker noch als das Wägen in den oberen Schichten seines
Wesens war das Wagen, das triebhaft aus dem Kern der Persönlichkeit wie eine
Elementarkraft wirkte, solange seine Weltstunde währte. Sie näherte sich dem
Ende"25. Im Militärischen gab es unter den sechsundzwanzig Marschällen nur einen,
der sich „zum Feldherrn grösseren Stils"26 entwickelte: Louis Nicolas Davout, Herzog
von Auerstedt und Fürst von Eckmühl. Davouts griesgrämige, methodische Art
war Napoleon zuwider. Zwischen dem prächtigen Lockenkopf Murat und dem
bebrillten Kahlkopf Davout aber bestand Urfeindschaft.

Ausgerechnet diese beiden gegensätzlichen Naturen, den wägenden, dann erst
wagenden Davout und den stets nur wagenden Murat hatte Napoleon in der Führung
der Vorauskräfte zusammengespannt. Es hätte dies richtig sein können, wäre zwischen
beiden kein so abgrundtiefer Haß gewesen. Murat war drei Jahre älter als Davout
; er war des Kaisers Schwager und ein König: den Herzog von Auerstedt betrachtete
er als Untergebenen. Nun war aber Davout nach dem Kaiser der überragende
Führer im Einsatz aller drei Waffengattungen, der Artillerie ebenso wie der Infanterie
und der Kavallerie. Anders hätte er sich bei Auerstedt mit seinen 29 000 Franzo-

25 Peter Bergler: in der Einleitung zu Philipp Graf von Segur: Napoleon und die Große
Armee in Rußland. Birsfelden - Basel o. J. S. XV

26 Andreas (wie Anm. 14) S. 425.

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