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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0058
Heinrich Bücheler

frankreich der „terreur blanche": die Royalisten machten die Bonapartisten nieder.

Ein Opfer dieses „terreur" wurde am 2. August 1815 der Marschall Guillaume
Brune (1763-1815), der, wie die Marschälle Davout, Ney, Soult und Suchet, sich
Napoleon wieder zur Verfügung gestellt hatte und die Südarmee befehligte. Auch
Murat war in seinem Landhaus bei Toulon nicht mehr sicher und floh mit einem treuen
Diener in die Weinberge. Ende August brachte ihn eine Barke nach Bastia auf Korsika
, wo korsische Nationalisten ihm Gastrecht gwährten. Diese hätten den Schwager
ihres berühmtesten Landsmannes gerne an die Spitze der korsischen Freiheitsbewegung
gestellt. Während der Kaiser im Weltmeer verschwand, wußte man seinen
furiosesten Kavalleristen irgendwo auf dem Kontinent oder auf einer Insel noch präsent
. Murat blieb eine europäische Berühmtheit: selbst in England, wo „ein Teil der
Whigs im Parlament so etwas wie eine romantische Schwärmerei für Murat, den
wagemutigen Kavalleriegeneral, hegte und äußerte"32.

Aus dunklen Kanälen kamen aus Neapel Briefe und Agenten, die Murat versicherten
, daß er dort noch viele Anhänger habe, die seine Rückkehr sehnlichst erwarteten.
Wie Napoleon zu Beginn des Frühjahrs 1815 den Fehler beging, allzusehr den Stimmungsberichten
aus Paris zu vertrauen, statt sorgfältig die Lage in Wien zu erkunden,
so verließ Murat sich völlig auf das, was er aus Neapel zu hören bekam. „Wäre er selber
auf dem Wiener Kongreß gewesen, er hätte den Wahnsinn, sich dem Schwager der
hundert Tage anzuschliessen, gewiß nie begangen... Metternich, von dem oft hilfreichen
Schurken Fouche bewegt, wollte ihn noch retten und sandte ihm einen sauf-
conduit (Begleitbrief) für Österreich, wo Caroline schon weilte, nach Korsika: aber
da hatte er schon seine paar hundert Reiter gesammelt und glaubte, nicht mehr
zurück zu können"33.

Als „Graf und Gräfin von Lipona" hätten die Murats überall in Europa leben
können, außer in Frankreich und Neapel. Unter diesem Anagramm für „Napoli" hatte
Fouche an Murat Geld und Paß geschickt. Aber nun fuhr er am 30. September 1815
mit 400 bewaffneten Korsen auf sechs Booten in Ajaccio ab, um sein Königreich
Neapel zurückzuerobern. Ein obskurer Seemann namens Barbara führte die kleine
Flotte. Daß sie in Pizzo di Calabro anlanden wollten, einer Landspitze in der Mitte
des Golfes von Eufemia, hätte Murat stutzig machen müssen: gerade dort hatte er, seit
er als König versuchte, das Räuberunwesen in Kalabrien zu beenden, unter den
Nachfolgern des Bandenführers Fra Diavolo seine erbittertsten Feinde. Nach einem
Sturm im Golf von Eufemia blieben fünf der sechs Boote am 8. Oktober auffällig
zurück. Nur das Führungsboot mit dem Kommandanten Barbara, Murat und wenigen
Begleitern liefen den Hafen an, angeblich, wie Barbara behauptete, weil Nahrungsmittel
benötigt würden. Leichtgläubig stieg Murat den Hang vom Strand hinauf
in das Städtchen Pizzo. Er ahnte nicht, daß er in eine Falle ging, welche in der
Umgebung des nach Neapel heimgekehrten Bourbonen Ferdinand IV ersonnen war.
Als Murat den Marktplatz von Pizzo erreichte, kam die Stunde der Rache für den
Bandenführer Trentacapilli, der durch König Joachims Gendarmerie seinerzeit drei

32 Cooper (wie Anm. 19) S. 225.

33 Golo Mann in einem Brief an den Verf. vom 18. Dezember 1989.

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