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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0059
Zu seinem Leben und zu seinen Briefen an die Fürstin Amalie Zephyrine

Brüder verloren hatte. Mit seiner ganzen Meute stürzte er sich auf das Häuflein des
Ex-Königs. Und der „Herkules der Schlachtfelder", der Murad Bey, Blücher und
Kutusow gejagd hatte, floh jetzt vor den Banditen Kalabriens an den Strand von Piz-
zo. Doch der tückische Kapitän Barbara hatte vom Strand abgelegt. Murat und seine
wenigen korsischen Getreuen wurden überwältigt. Wie ein Lamm ließ sich der einst
so gefürchtete Säbelheld Europas den Hang wieder hinauf führen in die 1489 durch
Ferdinand von Aragon erbaute Burg.

Das Aragoneser Kastell hinter dem Hauptplatz des malerischen Städtchens Pizzo,
mit nunmehr rund 9000 Einwohnern, heißt heute „Chäteau Murat", und ein Hotel
etwas oberhalb „Hotel Murat". Die Gemäuer des alten Kastells, worin Gefangenschaft
, Prozeß und Hinrichtung des Ex-Königs von Neapel und Schwager Napoleons
stattfanden, sind heute Hauptattraktion von Pizzo Calabro und relativ gut erforscht.
Ein zweifelhaftes Kriegsgericht aus sieben Mitgliedern, unter dem Adjutant General
Fasulo, der früher unter Murat gedient hatte, sprach ohne richtige Anhörung den
Angeklagten schuldig und erkannte auf die Todesstrafe wegen „umstürzlerischer
Umtriebe". Murat verwarf die Kompetenz des Gerichts, zweifellos zurecht, und
bestand darauf, daß er als König nur von Königen gerichtet werden könne. Damit
aber zeigte er auch, wie weit er über seine Träumereien sich doch von den Realitäten
entfernt hatte. Auch sein Vorbringen, als Marschall des Kaiserreichs unterstehe er nur
einem Gericht der Marschälle, war unrealistisch: die meisten seiner einstigen Marschalls
-Kollegen, die im Oktober 1815 noch lebten, huldigten inzwischen Ludwig
XVIII. Marschall Ney stand in Paris vor Gericht, sein Todesurteil wurde am 7.
Dezember 1815 durch Erschiessen vollstreckt. Marschall Soult lebte vorübergehend
ausser Landes, Davout, Murats Erzfeind, ertrug die öffentliche Ungnade mit stoischem
Gleichmut.

Joachim Murat verbrachte die letzten Tage und Stunden nicht im Kellerverließ,
sondern in einem der oberen Räume des Kastells. Heute ist dieser Raum ein kleines
Museum, in welchem eine Murat-Büste und der Abschiedsbrief an seine Familie die
Hauptattraktionen sind. Ein Entkommen durch die schmalen Maueröffnungen,
durch die der Raum spärliches Tageslicht erhält, war nicht möglich; auch saß im Vorraum
ein Bewacher, bei Tag und Nacht. Wohl die meiste Zeit in seinen letzten Lebenstagen
brachte Murat schreibend zu34. Man weiß von Briefen an die Botschafter der
alliierten Großmächte England und Osterreich, unter deren Schutz er sich stellen
wollte. Auch dem Bourbonen Ferdinand IV soll er geschrieben haben, wohl in
Unkenntnis, daß dieser einen hohen Preis auf seinen Kopf ausgesetzt hatte. - Bekannt
wurde dieser Abschiedsbrief an die Familie:

Meine liebe Caroline!

Meine letzte Stunde ist gekommen! Bald werde ich nicht mehr leben, bald wirst Du
keinen Gatten mehr haben. Vergiß mich nie. Mein Leben ist durch keine Untat

34 Joachim Murat gehört zu den eifrigsten Briefeschreibern in der Militärgeschichte. Die noch
unvollständige Ausgabe seiner Briefe und Dokumente umfasst acht Bände, siehe Tulard
(wie Anm. 1)S. 452.

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