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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0070
Jürgen Treffeisen

erklärte man mit der zeitgleich stattfindenden Fahnenweihe des Turnvereins in
Schussenried, dem die benachbarten Vereine sich hätten anschließen müssen. Eine
Stunde später (10.00 Uhr) versammelten sich die Turner, die auswärtigen Gäste, die
bürgerlichen Kollegien und 20 Ehrenjungfrauen auf dem Karlsplatz. Von dort zog
man unter Musikbegleitung zum Turnplatz. Dort sollen mindestens 2000 Menschen
versammelt gewesen sein. Eine beeindruckende Zahl - wenn man bedenkt, dass
damals nur 1800 Einwohner in Sigmaringen lebten20.

Die Begrüßung sprach Joseph Rhein als Sprecher der Sigmaringer Turngemeinde
mit wenigen aber ansprechenden Worte. Dann stand der Akt der eigentlichen
Fahnenweihe auf dem Programm. Der Turnwart führte hierzu eine der Jungfrauen
auf die Tribüne. Diese übergab die Fahne, deren rote Farbe im Erzähler übrigens mit
keinem Wort erwähnt wird2'. Deutliche Worte findet der konstitutionell und damit
gegen die Turner eingestellte Volksfreund, die zweite in Sigmaringen erscheinende
Zeitung, in seiner Ausgabe zum 18. September. Polemisch spielt er auf die rote
Republik an, denn die hier gehaltenen Reden hätten einen ziemlich roten Anstrich12.
Der Erzähler hingegen berichtet zum Inhalt der anlässlich der Fahnenübergabe von
der Jungfrau gehaltenen Rede nur wenig. Diese Fahnenübergabe sei mit einer
warmen aus der Tiefe des Herzens fließenden und allgemein begeisternden Ansprache
begleitet gewesen. Deutlicher wird auch hier der Volksfreund, der die politische
Ausrichtung der Feierlichkeiten erneut unterstreicht und folgende Passage zu
den von der Jungfrau gesprochenen Worten abdruckt: Sie, die Turner, sollten die Fahne
treu beschützen im Kugelregen und Pulverdampf sie sollten, wenn das Vaterland
rufe, gedenken ihrer Mütter, ihrer Schwestern und derer, die ihnen diese Fahne
geweiht hätten. Die Sigmaringer Turner werden hier als militante Gruppe eingeschätzt
, was wenige Tage später - im Rahmen der Septemberunruhen - bestätigt
wurde.

Anschließend - so berichtet der den Turnern geneigte Erzähler weiter - enthüllte
der Turnwart die Fahne, übergab sie dem Fahnenträger und sprach die Versammlung
in einem längern, sehr passenden und allgemeines Interesse erregenden Vortrag an,
worin er insbesondere den Jungfrauen dankte, welche der Turngemeinde dieses
Geschenk unter ernsten und inhaltsschweren Äußerungen gereicht hatten.

Dann kamen die Festredner zu Wort. Zunächst sprachen der Sprecher der
Riedlinger Turngemeinde Perochet sowie der Riedlinger Stadtrat Müller. Letzterer war
- wie im Erzähler eigens betont - auch Vorstand des dortigen demokratischen Vereins
. Nach der Ansprache des Sprechers der Turngemeinde Biberach (Langer) sprach
Würth, der Sigmaringer Advokat, - die treibende Kraft der hiesigen revolutionären

20 Rieber, Revolution 1848/49 (wie Anm. 5) S. 37: Das Fürstentum Hohenzollern-Sigmarin-
gen hatte damals 40.000 Einwohner. Sigmaringen war mit 1800 Einwohnern zwar die größte
Stadt im Fürstentum, aber immer noch kleiner als eine durchschnittliche Oberamtsstadt in
Württemberg.

21 Zur Fahne der Turngemeinde Sigmaringen siehe: Preußen in Hohenzollern (wie Anm. 14)
S. 154. - Rieber, Revolution 1848/49 (wie Anm. 5) S. 47-48.

22 Der Volksfreund vom 18. September 1848, S. 326. Der Artikel ist im Anhang dieses Beitrags
abgedruckt.

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