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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0076
Jürgen Treffeisen

4. DIE SIGMARINGER SEPTEMBERUNRUHEN

Zurück aus Trillfingen schickte Wurth in der Nacht vom 25. auf den 26. September
Boten in die hohenzollerisch-sigmaringischen Gemeinden38. Schriftlich forderte er die
dort lebenden Menschen auf, am folgenden Tag (26. September) zu einer Volksversammlung
nach Sigmaringen zu kommen. Zugleich patrouillierten einige seiner
Anhänger vor der Gorheimer Kaserne, damit Waffen und Munition nicht beiseite
geschafft werden konnte. Hierbei und bei den genannten Botengängen waren sicherlich
auch Turner im Einsatz, da diese aufgrund ihrer körperlichen Fitness hierfür bestens
geeignet waren. Am Nachmittag versammelten sich 3000 Menschen auf dem heutigen
Leopoldsplatz (damals Karlsplatz). Man setzte eine revolutionäre Behörde mit der
Bezeichnung Sicherheitsausschuss ein und stellte sie der fürstlichen Regierung zur Seite.
Die Turner gewährten bewaffneten Schutz und holten die Gewehre aus der Kaserne in
Gorheim39. Der Fürst floh nach Überlingen. Doch die Euphorie der Sigmaringer Revolutionäre
währte nur wenige Stunden. Offensichtlich bereits kurz nach dem Ende der
Versammlung traf die Nachricht von der Niederlage der Revolutionäre Struwe und Rau
ein. Am folgenden Tag, der Fürst reiste gerade ab, suchten die Demokraten die Vorgänge
zu bagatellisieren. Am 10. Oktober marschierten bayerische Truppen in Sigmaringen
ein, der Fürst kehrte zurück und stellte die alte Ordnung wieder her.

Aufgrund ihrer aktiven Teilnahme an den revolutionären Ereignissen waren die
Turner auch besonders von den Folgen der Niederschlagung betroffen. Schon im
Oktober 1848 wurden nach der militärischen Besetzung Sigmaringens Turner -
namentlich Gauggel - verhaftet. Die auf dem Turnplatz gehisste Vereinsfahne musste
eingeholt werden.

Parmenio Fatio, Turnwart und Gründungsmitglied, verließ Ende September fluchtartig
Sigmaringen. Wahrscheinlich musste er als politisch Verfolgter die Hohenzollern-
stadt aufgrund der Septemberunruhen meiden. Auf jeden Fall kursierten entsprechende
Vermutungen. Fatio sah sich nämlich genötigt, in einer im Erzähler abgedruckten
Erklärung vom 14. Oktober die Ursache seine angeblichen Flucht klarzustellen40. Er soll,
so kursierte das Gerücht, heimlich, zur Nachtzeit, dort durchgehrannt sein. Auch vermutete
man seine Auswanderung nach Amerika41. Er sei jedoch nicht heimlich weggegangen
- so stellte er nachdrücklich fest - , sondern seine Ahreise war der Turngemeinde
, sie war den Postbeamten, dem Bauhofpächter Jäger und vielen Anderen bekannt.
Auch wurden seiner angeblichen Flucht... politische Gründe unterstellt. Es habe ihm

38 Zum Verlauf der Sigmaringer Septemberunruhen nach wie vor maßgebend: Gönner,
Revolution (wie Anm. 5) S. 133f.- Kurze prägnante Zusammenfassung bei Vogt, Trillfinger
Volksversammlung (wie Anm. 5) S. 43f. - Rieber, Revolution 1848/49 (wie Anm. 5) S. 49f.

39 Südwestdeutsche Turner nahmen an vielen Orten aktiv an den revolutionären Ereignissen
teil. Auch die Volksbewaffnung war in den Vereinen diskutiert worden und wurde von den
meisten Turnern als Notwendig angesehen. Beispielsweise rüstete die Turngemeinde Heilbronn
im Juni 1849 in der Endphase der Revolution ein Bataillon aus. Das hierfür notwendige Geld
war ursprünglich für den Bau einer Turnhalle gesammelt worden. So laut Hess, Schwäbische
Turner (wie Anm.3) S. 35.

40 Der Erzähler Nr. 88, 31. Oktober 1848, S. 290; siehe auch Festschrift 1912 (wie Anm. 3) S. 7

41 Sie glaubten mich wahrscheinlich schon über den Ocean.

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