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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0083
Die Sigmaringer Turner zur Mitte des 19. Jahrhunderts

um V2 11 Uhr auf dem Turnplatze angelangt war, nacheinander auf. Zuvor übergab
eine Jungfrau aus der Stadt Sigmaringen eine den Turnern gewidmete Fahne und
redete mit seltenem Mute einige Worte: Sie, die Turner, sollten die Fahne treu beschützen
im Kugelregen und Pulverdampf, sie sollten, wenn das Vaterland sie rufe, gedenken
ihrer Mütter, ihrer Schwestern und derer, die ihnen diese Fahne geweiht. Die Redner
bewegten sich meist auf politischem Gebiete. Ein Ponegyricus auf Hecker, eine
Philippica gegen die deutschen Guizot's und die deutschen Louis Philippe's, bei
denen leider noch etwas fehle, um vollkommen Louis Philippe's zu sein, so wie gegen
die langweiligen Schwätzer zu Frankfurt und den Popanz von Zentralgewalt bildeten
die Brennpunkte ihrer Reden (Unpatriotisch und nur eines Rüge würdig waren die
Vorunglimpfungen eines Redners gegen Radetzky und seine Tapfern, und undeutsch
die Sympathie mit den Italienern und den Plänen des Murmeltierkönigs Albert. Es ist
recht, für die Freiheit aller Nationen zu schwärmen. Aber das Hemd liegt mir doch
näher als der Rock; zuerst ein mächtiges großes Deutschland vor einem freien Italien!
Was ist unsere Marine ohne das adriatische Meer, was unser Handel ohne Venedig)65.
Nur einer der Redner, seinem Dialekt nach ein Norddeutscher, sprach von der Turnerei
und ihren Schicksalen. Der alte selige Bundestag hätte sie beinahe gänzlich
unterdrückt, auch wollten sie von ihrem „Vater Jahn", dem Stifter der Turnvereine,
nichts mehr wissen. Er hätte den Biberachern auf eine Einladung, diesen Herbst zu
ihnen zu kommen, zugesagt, nachdem er aber zu Frankfurt nicht mehr zu den Republikanern
zähle, so bedankten sie sich schönstens für seinen Besuch. Im Ganzen muss
man bewundern, wie viele schlafende Talente der Umschwung der Zeiten erweckt
hat. Die jugendlichen Redner waren dem Vernehmen nach Posamentiere und sonstige
Arbeiter. Aber das öffentliche Leben schafft sich Redner, und gesunder Verstand
und Begeisterung ersetzen die Glätte, der man den Schweiß ansieht. Am Nachmittag
des Festes wurde geturnt und ein Reigen des Abends schloß die Feier. Eine Miniatur
der berühmten deutschen Einheit, die man noch zu sehen bekam, muss man mit in
den Kauf nehmen.

Der demokratisch gesinnte Erzähler berichtet in seiner Ausgabe vom 19. September
1848 (Nr. 75) über die Fahnenweihe der Sigmaringer Turngemeinde am
17. September 1848.

Die vor einigen Monaten erstandene Turngemeinde hier feierte heute die Fahnenweihe
. Alles hat dazu mitgewirkt, dieses Fest zu verschönern, und ihm eine Bedeutung
zu geben, welche das allgemeine Interesse in hohem Grade angesprochen hat. Es war
nicht nur ein Fest der jugendlichen Turngemeinde, die unter der vorzüglichen Leitung
des Turnwartes P. Fatio in kurzer Zeit sich kräftig entwickelte und ansehnlich vermehrte
, sondern ein wahres Volksfest, an dem sich die größtenteils ganz demokratische
Bevölkerung der Stadt und der Umgegend zahlreich beteiligte. Besonders waren
es unsere freundnachbarlichen Meßkircher, welche sich in großer Zahl hierbei
einfanden, und deren Gesinnungstüchtigkeit längst bekannt ist.

65 Der hier in Klammer wiedergegebene Passus ist im Original als Fußnote angefügt.

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