Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0096
Barbara Guttmann, Ute Grau

an. Tailfingen hatte 1812 bereits 1.318 Einwohner11. Und zwischen 1830 und 1860 verdoppelte
sich die Bevölkerungsdichte noch einmal nahezu12.

Die hier wie in den meisten Regionen Altwürttembergs vorherrschende Realteilung
führte angesichts des Bevölkerungswachstums zu einer erheblichen Bodenzersplitterung
, die einen Großteil der Bevölkerung an den Rand des Existenzminimums
brachte. Viele suchten daher ihr Glück anderswo: Zwischen 1843 und 1852 kam im
Oberamtsbezirk Balingen ein Auswanderer auf 259 Einwohner13. Die Zurückgebliebenen
suchten durch eine Intensivierung der Landwirtschaft ihr Auskommen zu
sichern.

Dies bedeutete für die Frauen eine erhebliche Steigerung ihrer Arbeitszeit. Im bäuerlichen
Haushalt war in der Regel der Mann für die außerhäusliche Arbeit in Feld
und Flur zuständig, der Frau war die Arbeit in der „Haushaltung" zugewiesen. Sie
sorgte für die Weiterverarbeitung der Rohstoffe sowie für das Vieh. Nun, mit der
Intensivierung der Landwirtschaft, übernahm die Frau zusätzlich zu ihren häuslichen
Arbeiten auch außerhäusliche. Frauen und Kinder wurden zunehmend für Feldarbeiten
, Heu- und Getreideernte, Kartoffelanbau oder Gartenarbeit benötigt, während
sich für die Männer zunächst wenig änderte14.

Trotz Intensivkultur reichten Ackerboden und Viehzucht in den klein- und unterbäuerlichen
Schichten für eine gesicherte Lebensführung nicht mehr aus. Daher
suchten viele Männer zunehmend eine Beschäftigung als Tagelöhner oder Wanderarbeiter
.

Seit dem 17. Jahrhundert bildeten sich mit der Entwicklung des Verlagssystems in
Deutschland auch auf der Schwäbischen Alb proto-industrielle Produktionsformen
heraus. Hatte man im bäuerlichen Haushalt Textilien zunächst nur für den Eigenbedarf
und den gelegentlichen Absatz auf den Märkten hergestellt, so wurde nun für
einen Verleger gearbeitet. Der Aufbau des Verlagssystem im Ebinger Raum ging vor
allem von Hechinger Juden aus15.

In Tailfingen tauchte erstmals 1728 die Berufsbezeichnung „Leineweber" auf.
Wichtiger als die Leinenweberei war hier jedoch die Strumpfstrickerei. Das Stricken
ist in dieser Region seit etwa 1550 bekannt. Strickten zunächst nur Bäuerinnen

11 Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung Tailfingens s. Beschreibung des Oberamts Balingen.
Hg. v. d. K. statistisch-topographisches Bureau. Nachdr. d. Ausg. Stuttgart 1880. Magstadt
1982. S. 68f; Bergmann (wie Anm. 7), S. 5; Peter Thaddäus Lang, Wilhelm Conzelmann:
Tailfingen. Die Trikotstadt. Hg. V d. Stadtverwaltung Albstadt. Albstadt 1990.

12 Silvia Futterer: Die Industrialisierung Ebingens (1850-1914) als kommunalpolitisches und
wirtschaftliches Problem. Zulassungsarbeit, Univ. Tübingen 1980. S. 8.

13 Beschreibung des Oberamts Balingen (wie Anm. 11), S. 100.

14 Hans Medick: Die proto-industrielle Familienwirtschaft. In: Kriedte u.a., Industrialisierung
, S. 90-154, S. 133 ff. Gerhard Stein: Die Lebenswelt Jugendlicher in ländlichen Industriegemeinden
am Rande der Schwäbischen Alb 1850-1932. Diss. Univ. Tübingen 1984,
S. 30ff.

15 Casimir Bumiller: Juden in Hechingen. Geschichte einer jüdischen Gemeinde in neun
Lebensbildern aus fünf Jahrhunderten. Hechingen 1991, S. 45ff. Der Fabrikant Julius Levi war
1886 auch Mitbegründer der Frauenarbeitsschule in Hechingen.

84


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0096