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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0102
Barbara Guttmann, Ute Grau

5. HAUSIERHÄNDLERINNEN

Verkauft wurden die von den Textilarbeiterinnen und Textilarbeitern gefertigten
Waren häufig im Hausierhandel. Seit Ende der 1840er Jahre waren jeweils im Herbst,
nach Beendigung der Feldgeschäfte, Hausierhändler aus Tailfingen bis nach Oberschwaben
, ins württembergische Unterland oder den Schwarzwald unterwegs. Seine
Blütezeit erreichte der Hausierhandel im gesamten Württemberg in den 1880er Jahren
. 1882 verdienten 22.000 Personen damit ihren Lebensunterhalt, das waren fast
ebenso viele Menschen wie die metallverarbeitende Industrie des Landes beschäftigte37
. Die Beschreibung des Oberamtsbezirks Balingen zählte 1880 in Tailfingen ca.
100 Personen beiderlei Geschlechts, die ihre Existenz durch Hausierhandel zu sichern
suchten38.

Ist die Forschungs- und Quellenlage zum Hausierhandel insgesamt schlecht, so
wissen wir über die Handelsfrauen in jener Zeit noch weniger39. Ein Verzeichnis von
Personen aus Tailfingen, die 1874 hauptsächlich mit Textilwaren auf den Handel gingen
führt 42 Männer und 25 Frauen (37,3%) auf40. Von den 25 Frauen gingen 15 alleine
auf Handelstour, was erstaunlich ist, da sich selbst Männer oft Begleitpersonen für
die nicht immer ungefährliche Reise und zum Schutz vor Dieben suchten41. Doch
Frauen spielten ab Ende des 19. Jahrhunderts im Hausierhandel zunehmend eine
bemerkenswert selbständige Rolle42. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass
Männer im Zuge der Industrialisierung andere, attraktivere Arbeitsmöglichkeiten
fanden und den Frauen dieses Feld überließen.

Sechs der 1874 genannten Tailfinger Händlerinnen begleiteten ihren Ehemann auf
der Reise, zwei waren die Töchter eines Hausierhändlers, in einem Fall begleitete eine
Tochter ihre Mutter. 14 der Hausierhändlerinnen waren verheiratet, sechs verwitwet
und zwei geschieden, lediglich die drei mitreisenden Töchter waren unverheiratet.
Altersangaben wurden nur für 17 Frauen gemacht. Von ihnen war eine unter 20 Jah-

37 Christian Glass: Von Haus zu Haus. Wanderhändler in Württemberg. In: Beiträge zur
Volkskunde in Baden-Württemberg 2 (1987), S. 133-162, S. 152f.

38 Beschreibung des Oberamts Balingen (wie Anm. 11), S. 491.

39 Casimir Bumiller: Auf der Reise. Skizzen zu einer Geschichte des Hausierhandels im Killertal
. In: Beiträge zur Volkskunde in Baden-Württemberg 5 (1992), S. 7-45.

40 Hermann Bizer: Tailfinger Heimatbuch. Tailfingen 1953. S. 359ff. Auswertung des bei
Bizer gedruckten Verzeichnisses durch d. Verf.

41 Bumiller (wie Anm. 39), S. 24.

42 Olivia Hochstrasser: Ein Haus und seine Menschen 1549-1989. Ein Versuch zum Verhältnis
von Mikroforschung und Sozialgeschichte. Tübingen 1993 (Untersuchungen des Lud-
wig-Uhland-Instituts [...] 80), S. 197f und S. 206-210. Hochstrasser konstatiert für das nicht
weit entfernte Jungingen und das Killertal gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine zunehmende
Beteiligung von Frauen im Hausierhandel, die auch dazu führte, dass in immer mehr Familien
Vater und Mutter abwesend waren und die Kinder von Großeltern erzogen wurden. Für Tailfingen
liegen uns keine Zahlen zur weiteren Entwicklung des Hausierhandels und der Teilnahme
von Frauen vor. Vgl. Bumiller (wie Anm. 39), S. 49: 1895 waren über 55% der Hausierhändler
aus dem Killertal Frauen.

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