Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0103
Frauenarbeit in der Industrialisierungsphase

ren, fünf waren zwischen 20 und 30 Jahre ah, die Mehrzahl (10) war jedoch über 40
Jahre alt. Zwei hatten das 60. Lebensjahr überschritten. Auch die Berufe der Ehemänner
sind nicht bei allen hier erfassten Händlerinnen überliefert. Je eine Frau war
mit einem Zimmermann, einem Müller und einem Maurer verheiratet. Die meisten,
insgesamt acht, waren jedoch Ehefrauen von Strumpfwebern, zwei von Corsettwe-
bern. In den meisten Fällen hatten die Händlerinnen Kinder, deren Versorgung
besonders dann schwierig war, wenn beide Elternteile auf den Handel gingen. Oft
stand dann Verwandtschaft helfend zur Seite. Im Fall eines Hausierhändlerpaars wurden
die Kinder durch eine Schwägerin versorgt, in einem anderen Fall kümmerte sich
die Schwiegermutter um ein neun Monate altes Kind. Da viele Händlerinnen jedoch
bereits über 40 Jahre alt waren, hatten sie größtenteils erwachsene Kinder. Es waren
also überwiegend ältere verheiratete Frauen, die aus Tailfingen handelnd übers Land
zogen.

Wie hoch die körperliche Belastung der Hausierhändlerinnen war, verdeutlicht das
Beispiel der Hausiererin „Dona", die das Gewerbe fast 60 Jahre ausübte und ihr
Absatzgebiet vor allem in Kißlegg und Umgebung hatte. Es wird berichtet, dass sie
einmal in einer Käserei gewogen wurde: Sie selbst brachte 120 Pfund auf die Waage,
ihre volle „Krätze" jedoch 140 Pfund43. So schilderte dann auch eine Hausiererin
ihren Zustand nach einem Arbeitstag: Gantz miede von der Reise Matern an den
Füßen, hungrigen Bauch...441 Der Verfasser der Ortsbeschreibung Tailfingens kam
1880 zu dem Schluss:"... nach den gepflogenen Erhebungen [ist] vom Erfolg dieser
Handelschaft wenig Ersprießliches zu verzeichnen. Der materielle Erfolg, welchen
einige Wenige auf diesem Weg erzielten, ist so verschwindend klein gegenüber den
materiellen und moralischen Nachteilen, die der Hausierhandel im Gefolge hat..."45.
Dennoch stellte er auch für die Tailfinger Bevölkerung in jener Zeit einen unverzichtbaren
Bestandteil der Existenzsicherung dar.

6. DAS HAUSGEWERBE EXPANDIERT

Der nach 1871 entstehende Massenbedarf an Trikotagen führte dazu, dass viele Tailfinger
Wirkerfamilien weitere Rundstühle anschaffen konnten. Die Produktion fand
aber meistens weiterhin in den Stuben statt, Luft und Licht waren somit an den
Arbeitsstätten noch spärlicher vorhanden als bei den Einzelwirkern. Erst nach und
nach erfolgten schließlich An- und Ausbauten. Bei Christian Schöller, wo man 1872
mit einem einzigen Rundstuhl begonnen hatte, waren 1884 an 15 Stühlen 35 Personen
beschäftigt. Die im selben Jahr eingerichtete Wäscherei im neuen Ökonomiegebäude

43 Menschen, Maschen und Maschinen. Die Geschichte der Maschenindustrie im Raum Albstadt
. Bearb. v. Susanne Goebel. Hg. v. d. Stadt Albstadt. Albstadt 1996, S. 30f. Bei der hier
„Dona" genannten Hausiererin handelte es sich wohl um die Jungingerin Antonie Haiß.
S. Bumiller (wie Anm. 39), S. 52.

44 Zit. n. Bumiller (wie Anm. 39), S. 52

45 Beschreibung des Oberamts Balingen, S. 491.

91


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0103