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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0109
Frauenarbeit in der Industrialisierungsphase

niß" im Wert von über 280 Gulden ein, Balthas Blickle im Wert von 96 Gulden. Während
die Ehefrau jedoch über kein Bargeld verfügte, allerdings über Zinsen verpachteter
Grundstücke ihres Vaters, auf deren Nutzung sie jedoch bei der Eheschließung
verzichtete, erhielt der Bräutigam bei der Eheschließung von seiner Mutter 300 Gulden
. So stellte Salome Blickle schließlich am ehelichen Gesamtvermögen einen Anteil
von rund 42%62.

1876 kaufte Balthas Blickle zusammen mit seinem Bruder Jakob eine mit zwei
Kurbeln versehene, per Hand zu betreibende Rundwirkmaschine. Die Brüder trennten
sich jedoch bald und die Maschine fiel per Los an Jakob. Balthas erwarb daraufhin
einen anderen Rundstuhl zur Herstellung der in jener Zeit viel gefragten „Gau-
fre-Röcke". Ermöglicht wurde diese Anschaffung durch die finanzielle Unterstützung
seines Schwiegervaters63.

Die Maschine wurde, wie üblich, in der Wohnstube des jungen Ehepaars im Haus
Käselteich 4 aufgestellt. Salome, inzwischen Mutter von zwei kleinen Kindern, wechselte
sich mit ihrem Ehemann bei der Bedienung des handbetriebenen Rundstuhls ab.
Durch diese Schichtarbeit der Eheleute wurde es möglich, noch 1876 die erste Nähmaschine
anzuschaffen. Salome Blickle, die nun auch die „Gaufre-Röcke" zusammennähte
, lieferte diese fertig konfektioniert und verpackt bei ihrer Auftraggeberin,
der Firma Liebmann & Levi64, in Hechingen ab. Im Januar 1877 gebar sie ihr drittes
Kind, was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass man sich Unterstützung durch
einen Arbeiter suchte. Salomes Bruder Balthas Bitzer half nun im Familienunternehmen
mit, und er sollte dem Unternehmen, später als Werkführer, 52 Jahre treu bleiben
. Ende des Jahres 1877 erwarb man einen zweiten Rundstuhl und bis 1884 betrieben
die Blickles bereits 12 Rundstühle. Als Blickles Auftraggeberin, die Hechinger
Firma Liebmann & Levi, 1884 ihre Produktion von der Pfundware auf feinere Qualitäten
für den Export umstellte, verkaufte sie günstig einen Teil ihres Maschinenparks
. Die Blickles erwarben zehn 36-zöllige Maschinen zu einem Kaufpreis von
10.000 Goldmark. Für die nun insgesamt 22 Maschinen musste ein Neubau an der
Hechinger Straße 70 erstellt werden. Balthas Blickle zog sich beim Abladen und Aufstellen
der neuerworbenen Maschinen eine Erkältung zu, die ein Lungenleiden zur
Folge hatte, von dem er sich nicht mehr erholen sollte. Selbst Kuraufenthalte, u. a. in
Davos, brachten keine Genesung. Er verstarb am 10. August 1885, und Salome Blickle
, inzwischen 33 Jahre alt, blieb mit ihren vier Kindern im Alter von sieben bis elf
Jahren alleine zurück.

Das Ehepaar Blickle hatte bis zu diesem Zeitpunkt eine „Errungenschaftsgesellschaft
" geführt, deren rechtliche Nachfolge die junge Witwe antrat. Sie hatte nun das

62 Ebd., Nr. 1939, Beibringens-Inventar.

63 Auch im Folgenden Festschrift anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Firma Balth. Blickles
Witwe. Spinnerei und Trikotwarenfabriken Tailfingen-Württ. Tailfingen 1951; Chronik der
Firma Balth. Blickle's Wwe. Tailfingen, Sportartikel- und Kleiderfabriken. Masch. Manuskript
o. D. Privatarchiv Christa Bitzer, Tailfingen.

64 Die Trikotagenfabrik Liebmann & Levi (1872-1913) gehörte zu den wichtigsten Hechinger
Industriegründungen. Bumiller (wie Anm. 15), S. 48.

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