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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0121
Frauenarbeit in der Industrialisierungsphase

In den ersten neun Monaten ihrer Tätigkeit kontrollierte die Assistentin Grünau
513 Betriebe und machte 80 Besuche bei Behörden und Vertrauenspersonen. Die
Ergebnisse dieser Tätigkeit fasste sie in einem Bericht zusammen. Sie merkte an, dass
viele Arbeitgeber ihre Funktion als „Erfordernis der Zeit" betrachteten, während sie
bei den Arbeiterinnen offensichtlich eher auf Misstrauen gestoßen war: „Auf Seiten
der Arbeiterinnen dagegen fehlt bedauerlicherweise größtentheils das Verständniß für
die Stellung und die Aufgabe der Beamtinnen ihnen gegenüber"110. Hier mag auch
Skepsis gegenüber einer von den staatlichen Behörden eingesetzten „Dame", die die
Arbeiterinnen höchstens einmal im Jahr zu Gesicht bekamen, eine Rolle gespielt
haben. Als Vermittlungsinstanz zwischen Arbeiterinnen und Gewerbeaufsicht waren
Diakonissen, barmherzige Schwestern oder von den Gewerkschaften angesellte
Arbeiterfrauen als Vertrauenspersonen eingesetzt111. Doch scheinen diese „... nicht
hinlänglich Fühlung und Verkehr mit den Arbeiterinnen" gehabt zu haben. Eine
Ursache für Skepsis und Desinteresse gegenüber ihrer Funktion sah die Gewerbein-
spektorin u. a. in der mangelnden Kenntnis der Frauen über die sie betreffenden
gesetzlichen Regelungen sowie in der „geringen Entwicklung der Organisation der
Arbeiterinnen". Dort wo Arbeiterinnenvereine existierten, gestalte sich auch die
Arbeit der Vertrauenspersonen einfacher112.

17. ERFOLGE UND VERHINDERUNGEN

1910 wurden Betriebe, die Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter beschäftigten,
gesetzlich verpflichtet, ihre Arbeitsordnungen den neuen Bestimmungen der Gewerbeordnung
von 1908 anzupassen113. Über die Erfolge berichtete die Gewerbeaufsicht
in ihrem Bericht für Württemberg aus demselben Jahr: „Der lOstündige Arbeitstag
für Arbeiterinnen hat sich im allgemeinen da, wo er bis jetzt noch nicht bestand, in
befriedigender Weise eingeführt." Viele Verstöße gäbe es jedoch gegen die achtstündige
Arbeitszeit vor Sonn- und Feiertagen: „In einer großen Zahl von Fällen musste

110 Jahresbericht der Gewerbeinspektions-Assistentin. In: Jahresbericht der Gewerbe-Aufsichtsbeamten
im Königreich Württemberg für 1900. Stuttgart 1901, S. 131-142, S. 131. In späteren
Jahren wurden die Revisionsergebnisse der Gewerbeinspektorinnen in den allgemeinen
Jahresbericht der Gewerbeaufsicht eingearbeitet.

111 „Vertrauenspersonen" gab es auch als Ansprechpartner für die männlichen Arbeiter. Im
Berichtsjahr 1900 waren im Bereich der württembergischen Gewerbeinspektion 36 männliche
und 26 weibliche Vertrauenspersonen tätig. Die Vertrauensmänner kamen aus den christlichen
Arbeitervereinen. Bei den weiblichen Vertrauenspersonen handelte es sich um 11 Diakonissen,
4 katholische Schwestern, 3 „Fräulein aus dem Bürgerstande", die Frau eines evangelischen
Geistlichen sowie Vertrauenspersonen der Vereinigten Gewerkschaften. Jahresbericht der
Gewerbe-Aufsichtsbeamten im Königreich Württemberg für 1900. Stuttgart 1901, S. 35ff.

112 Jahresbericht der Gewerbeinspektions-Assistentin 1900, S. 131.

113 StA Sigmaringen Wü 65/4, T 2, 1170, Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen
und jugendlichen Arbeitern.

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