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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0138
Franz-Severin Gäßler

2. DAS GEBÄUDE

Die klassische, seit dem 19. Jahrhundert in Sigmaringen vielfach übliche Nutzungsverteilung
des Bürgerhauses zeigt auch dieses Gebäude: Das Erdgeschoß mit einer
lichten Höhe von ungefähr 3,6 m ist mit Schaufenstern, Geschäftslokal und Büroraum
dem Handel vorbehalten. Die Obergeschosse mit lichten Raumhöhen von 2,7
und 2,6 m dienen dem Wohnen, wie auch der südliche Teil des Dachgeschosses. Im
Gegensatz zu den meisten älteren Gebäuden liegt zur Fürst-Wilhelm-Straße hin nur
der Geschäftseingang. Dagegen befindet sich der eigentliche Hauseingang auf der
Rückseite. Er bindet direkt an das Treppenhaus an, von dem aus sämtliche Geschossebenen
erreichbar sind. Der rückwärtige Eingang liegt aufgrund der Topographie
gegenüber der Ladenebene um eineinhalb Meter erhöht, so daß Heizung und Kellerraum
darunter Platz finden. Das Geschäftslokal selbst sitzt direkt auf der Erde.

Die Außenwände bestehen aus Ziegelstein und sind im Erdgeschoß 38 cm und in
den oberen Geschossen 25 cm stark. Die Decke über dem Laden erhielt eine Stahlkonstruktion
, um die Breite von annähernd acht Metern stützenfrei überspannen zu
können und gleichzeitig die Last aus den oberen Stockwerken aufzunehmen. Aus
Holz konstruiert sind dagegen die Decken der oberen Stockwerke und aus Fachwerk
die dort stehenden Zwischenwände. Der Querschnitt des Bauplans zeigt ein steiles
Satteldach mit einer Neigung von weit über 50° und weichem Ubergang zur Traufe.
Es ist als Pfettendach gezimmert mit einfach stehendem Stuhl im zweiten und liegendem
Stuhl im ersten Dachgeschoß, um die Last auf die Außenwände abzutragen.
Nach dem Abbruch des Schwer'sehen Hauses konnten die an der Fürst-Wilhelm-
Straße liegenden Wohnräume auch über die Westseite belichtet werden.

Die einfache kubische Gebäudeform, das steile, ziegelbedeckte Satteldach, die flächige
, verputzte Außenwand und ebenso die Fenster und Türen sind in ihrem Umriß
und ihrer Gestalt klar geformt, wohlproportioniert und ungestört (Abb. 1, 3 und
Abb. 9). Die Linien von Gebäudekanten, Traufe und Ortgang stehen ungebrochen
da. Eindeutig ist das Dach ausgerichtet, und zugleich bewahrt die Dachfläche ihre
ruhige Geschlossenheit. Keine Vorbauten stören die Flächigkeit der Wand, und - mit
Ausnahme der Ladenzone - bleibt die Wandfläche dominant gegenüber den Öffnungen
. Mit diesen Merkmalen übernimmt das Gebäude Gestaltungsmerkmale der älteren
Gebäude des Straßenzuges und vermag sich deshalb hervorragend in die Häuserreihe
der Altstadt einzufügen. Die Altstadt bleibt weiterhin als Altstadt erlebbar, im
Gegensatz zur andersartigen Gestalt der Stadterweiterungsgebiete des 19. und 20.
Jahrhunderts. Und dennoch ist das Gebäude aufgrund der Gesamtheit seiner Ele-

18 Völlig verglaste Schaufensterfronten der Erdgeschoßzone zeigten seit den zwanziger Jahren
zahlreiche Geschäftshäuser in den Großstädten. Beispielhaft genannt sei Erich Mendelsohns
1926-28 errichtetes und Ende der fünfziger Jahre abgerissenes Schocken-Kaufhaus in Stuttgart,
bei dessen Fassade zudem die horizontale Ausrichtung dominierte. Vgl. die Abb. S. 282 bei Vit-
torio Magnago Lampugnani: Die Geschichte der Geschichte der „Modernen Bewegung" in
der Architektur 1925-1941: eine kritische Übersicht. In: Moderne Architektur in Deutschland
1900 bis 1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit. Hrsg. von Vittorio Magnago Lampugnani
und Romana Schneider, Stuttgart 1994, S. 273-295.

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