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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0154
Ines Mayer

schließlich auf diese Quelle5, und auch in der Literatur zu Friedrich Wolf wird hauptsächlich
auf diesen Text zurückgegriffen, wenn es um die Beziehung zwischen Onkel
und Neffen geht. Auch wenn ich im folgenden noch andere Texte und Quellen heranziehen
werde, so scheint es doch, als ob Informationen zu Moritz Meyer am ehesten
auf dem .Umweg' über Wolf zu erhalten seien.

Tatsächlich ist die Beziehung der beiden von zentraler Bedeutung sowohl für Wolf
als auch für Meyer gewesen. Schon der junge Friedrich Wolf, der ein ausgesprochen
schlechtes Verhältnis zu seinem Vater hatte, schloss sich um so enger an seinen Onkel
an, der ihm Vorbild und Förderer zugleich war. Und Meyer, der Zeit seines Lebens
Junggeselle geblieben ist, bemühte sich, den Knaben für eine Lebensweise im Einklang
mit der Natur und den Heilberuf zu begeistern und suchte auch später immer
wieder den geistigen Austausch mit seinem mittlerweile erwachsenen Neffen. In der
Erzählung ,Das Oehmchen' beschreibt Wolf die Exkursionen, die er als Junge zusammen
mit seinem Onkel in der Umgebung von Neuwied unternommen hatte: Wir gingen
in die Berge des Westerwaldes und auf die Schieferberge am Rhein botanisieren;
und es zeigte sich, daß er jede Pflanze nach dem Linneschen System bestimmen konnte
. Wir sammelten an den vulkanischen Seen der Eifel - dem Manderscheider Maar
und dem Feuermaar - seltene metalloide Steine, die er schon damals zerrieb, mit
Milchzucker verdünnte und die homöopathische Reiz- und Heilwirkung an sich
selbst und mir ausprobierte, zum Mißfallen meines Vaters, der sich diese Kinkerlitzchen
' verbat und das Oehmchen für einen Narren hielt. Mir aber war er Freund,
Helfer und Lehrer in den entscheidenden Tagen meiner Jugend6.

Meyer hatte sich schon 1903 während eines elf monatigen Englandaufenthalts mit
Naturheilkunde beschäftigt - er war nach erfolgreichem Jurastudium und Zweitem
Staatsexamen vom Oberlandesgericht Frankfurt als Austauschjurist nach London
geschickt worden, um das englische Recht zu studieren. Irgendwann in dieser Zeit,

5 Wolfs Novelle wird sowohl von Walter Sauter als auch von Michael Hakenmüller ausgewertet
; letzterer beruft sich darüber hinaus aber auch auf die Aussagen noch lebender Hechinger
Zeitzeugen. Walter Sauter: Landgerichtsrat, Naturmensch, Heilpraktiker. Erinnerungen an
Dr. jur. Moritz Meyer. Ein Sonderling unter den Hechinger Juden. In: Hohenzollerische Zeitung
Nr.195 (1968); M[ichael] H[akenmüller]: Zwei Bauten erinnern an Dr. Moritz Meyer. Aus
dem Leben des Landgerichtsrates a.D. In: Schwarzwälder Bote vom 20. und vom 21. August
1986. Auch Otto Werner wollte der Deutungsdominanz der Wolfschen Erzählung entgegenwirken
, indem er die Erinnerungen von Manef Biran, einem ehemaligen jüdischen Mitbürger,
wiedergab. Dass sich dessen Beobachtungen weitgehend mit denen Wolfs decken, könnte
natürlich darauf zurückzuführen sein, dass auch Biran von der Novelle beeinflusst gewesen ist;
naheliegender ist jedoch die Vermutung, dass sowohl Wolf als auch Biran ein ziemlich authentisches
Bild Meyers gezeichnet haben. Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in
Hechingen. Hechingen 1996 (Schriftenreihe des Vereins Alte Synagoge Hechingen; Bd.l), S.20.

6 Wolf, Oehmchen (wie Anm.3). In einem Brief von 1941 schreibt Wolf: Meine eigene relativ
gute Gesundheit und Arbeitskraft verdanke ich zweifellos der vernünftigen Erziehung durch
meinen Onkel, der mich schon als Jungen zur naturgemäßen Lebensweise brachte. Friedrich
Wolf an Margrit Strub, Moskau, 1. Juni 1941. In: Else Wolf / Walther Pollatschek (Hgg.): Friedrich
Wolf. Briefe. Eine Auswahl. Berlin/Weimar 1969, S.194.

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