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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0178
Hans Albrecht Oehler

zu nackten Beinen; aber wenn die Sportler durchs Schlosstor und am Torwarthäuschen
vorbei marschieren, tragen sie die alte Vereinsstandarte. Eine Lampionkette
ist über den Weg gespannt, und Kinder winken mit Fähnchen in den Haigerlocher
Stadtfarben Rot-weiß und dem Schwarz-weiß der Hohenzollern. Nirgends ist eine
Hakenkreuzfahne zu sehen.

DIE LETZTEN BÜCHER

In den dreißiger Jahren und bis in den Krieg hinein erschienen noch ein halbes Dutzend
schmaler Bändchen mit Jungmädchen-Geschichten von Maria Batzer, fünf
davon in der „Sonne und Regen"-Reihe, die wie die „Vogelnest"-Bücher im Stuttgarter
Gundert-Verlag erschienen, und die die Kinder schon ihrer hübschen Ausstattung
wegen gerne sammelten. Das Zeitgeschehen blieb in den Büchlein, die in jenen Jahren
noch erschienen, fast ganz ausgespart. Nur das allerletzte, Mirrleins Garten, das 1942
erschien, spricht schon im Untertitel vom „stillen Tapfersein", der Moral des Hof-
und Militärlebens, die bis zum Ersten Weltkrieg gegolten hatte, und die das neue
Regime auf seine Weise ausbeutete.

Als der Krieg über Deutschland hinweggegangen, als die Juden aus dem Haigerlocher
Haag emigriert oder ermordet waren, sind Maria Batzers Geschichten um das
Torwarthäuschen 1947 noch einmal gedruckt worden: in der Ausstattung von 1935
und 1938, wenn auch auf dem schlechten Papier, das es damals gab. Sie gingen nun
nach zwei Weltkriegen in eine zum zweitenmal und stärker veränderte Welt hinaus.
Schon in den dreißiger Jahren, in denen die Zehnjährigen als „Pimpfe" und „Jungmädchen
" in Uniform gesteckt und zu Appellen und Geländespielen kommandiert
worden waren, hatten sie ein wenig fremd gewirkt, diese Grüninger Vorkriegskinder.
Das galt erst recht in den hungrigen Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg; doch die
farbigen Bilder von Rolf Walz halfen offenbar mit, den Zauber des alten Textes zu
erhalten, ja ihm neue Lebenskraft zu geben.

Die Dichterin war im alten Kaplaneihaus des Haigerlocher Schlosses in die
Dachwohnung hinaufgezogen und wohnte nun über der auch alternden Maria ihrer
Torwarthaus-Geschichten. Das letzte Büchlein, das Maria Batzer beim Verlag untergebracht
hatte, Mirrleins Garten, sozusagen ihr Kriegsdienst, wie einst am Ende des
ersten Weltkrieges Die Schwarzwald-Kinder es gewesen waren, hat den Krieg nicht
überlebt, aber das von Brigitte, eine schlichte Kleinstadt-Kindergeschichte, 1938 ein
erstes Mal erschienen, suchte und fand in seiner vierten Auflage und nun in Antiqualettern
gedruckt als einziges noch den Weg zu der neuen Kindergeneration, die mit
der alten Frakturschrift nicht mehr zurechtkam. Dabei war es doch eigentlich nur die
Wiederholung und Erweiterung einer der alten Geschichten aus der Baseler Straße in
Colmar: Rotstrümpfchen muss einen schweren Weg gehen, die Maria Batzer in einem
ihrer ersten Bücher erzählt hatte19. Nun war aus Rotstrümpfchen eben eine Brigitte

19 Maria Batzer: Rotstrümpfchen. Nürnberg [1916]. S.69-86. Maria Batzer: Brigitte. Stuttgart
1938. 41.-50. Tsd. 1952.

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