Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0230
Neues Schrifttum

waren. Hamm vergleicht nun, was die Stadtschreiber von Memmingen, Straßburg
und Nürnberg zu diesem Thema aufs Papier gebracht haben, wobei die Bandbreite
von dem dezidiert irenischen Georg Maurer von Memmingen bis zu dem ausgesprochen
unduldsamen Lazarus Spengler von Nürnberg reicht („Die soziale Krise der
sozialen Werte - drei Lösungsperspektiven zwischen Wahrheitseifer und Toleranz in
den Jahren 1525 bis 1530"). - Heinrich Richard Schmidt fasst die Reformation typo-
logisch ins Auge. Ausgehend von den etablierten Typen Gemeinde- und Obrigkeitsreformation
, frühe und späte Reformation analysiert er den jeweiligen Ablauf der
Geschehnisse in einer ganzen Reihe von süddeutschen Städten und Landstrichen und
kommt zu dem Ergebnis, dass maßgeblich von einer Interaktion zwischen Obrigkeit,
Gemeinde und Predigern auszugehen ist („Die Reformation im Reich und in der
Schweiz als Handlungs- und Sinnzusammenhang"). - Susan C. Karant-Nunn widmet
sich nicht-theologischen Erscheinungen der religiösen Praxis wie Gemeinschaft
und Individuum, Emotion und Kirchenraum („Patterns of Religious Practice: Non-
theological Features"). - Tom Scott vergleicht die wirtschaftlichen Konzeptionen von
Martin Luther mit denen des Tiroler Bauernführers Michael Gaismair („The Reformation
and Modern Political Economy: Luther and Gaismair compared"). - Horst
Wenzel geht der Frage nach, auf welche Weise Luther seine umfangreiche Korrespondenz
unter Benutzung des Buchdrucks öffentlichkeitswirksam einsetzte, und
weist dabei nach, dass Luther bewusst unterschied zwischen privaten Briefen und
solchen, die für eine mehr oder minder weit gefasste Öffentlichkeit bestimmt waren,
auch wenn im Laufe der Zeit auch Privatbriefe an die Öffentlichkeit gelangten, wie
das eben bei Berühmtheiten so zu sein pflegt. („Luthers Briefe im Medienwechsel von
der Manuskriptkultur zum Buchdruck").

Erst der letzte Beitrag kehrt wieder zum eigentlichen Thema des Sammelbands
zurück: Auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstands entwirft Constantin
Fasolt mit kräftigen Strichen ein (nicht ganz überraschend) neues und durchaus nachvollziehbares
Epochen-Szenario: Er setzt ein mit dem 11./12. Jahrhundert, als sich auf
den Gebieten der Bevölkerungsentwicklung, des Kirchenrechts, der Wirtschafts-,
Stadt-, Ordens- und Kunstgeschichte (um nur einige zu nennen) grundlegende Veränderungen
abzeichneten. Im christlichen Abendland schickten sich zu dieser Zeit
Adel, Bürgertum und Kirche an, eine durch Brauchtum und Sprache stark parzellierte
, bäuerliche Bevölkerung zu beherrschen. Dabei bekämpften sich nicht nur diese
drei Gruppen unter einander, sondern es wurde mehr noch innerhalb dieser drei Formationen
um die Macht gestritten, ein Kampf, der im 15./16. Jahrhundert zu einer
Bildung von Machtmonopolen führte. Nun änderten die genannten drei Gruppen ihr
Gesicht: „aus dem Adeligen wurde der Soldat, aus dem Geistlichen der Bureaukrat,
aus dem Bürger der Geschäftsmann" (S. 242). Die Reformation spielt in diesem
Koordinatensystem keine Rolle mehr („Europäische Geschichte, zweiter Akt: Die
Reformation").

- Wenn auch der Sammelband nur punktuell hält, was er verspricht, so bietet er
doch eine Anzahl von Artikeln, die sich unmittelbar auf die aktuelle, reformationsgeschichtliche
Forschungsdiskussion beziehen.

Albstadt
218

Peter Thaddäus Lang


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0230