Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
41(126).2005
Seite: 100
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2005/0112
Peter Wax

den Vorsitz des Erbgesundheitsgerichts, das über die Zwangssterilisation von „Minderwertigen
" zu entscheiden hatte. Einer der ärztlichen Beisitzer war übrigens Dr.
Johannsen, der sich in Hechingen auch auf andere Weise sehr nachhaltig für das Regime
nützlich gemacht hat.

Carl Lutterbeck war jetzt Mitte fünfzig und verfügte über nichts, was auf seinen
Karrieresprung nach 1933 hätte hindeuten können, mit Ausnahme des Parteibuchs
der NSDAP mit Eintrittsdatum 1931. Das genügte jetzt völlig. Im Oktober 1934
wurde er Amtsgerichtsdirektor, also Amtsvorstand eines großen Amtsgerichts, in
Wiesbaden und im Januar 1937 Landgerichtspräsident in Hechingen. Aus seiner
Gladbecker Zeit gibt es eine dienstliche Beurteilung durch den Essener Landgerichtspräsidenten
. Dort heißt es, Lutterbeck verstehe es zwar, als Aufsichtsrichter des kleinen
Amtsgerichts Gladbeck den Dienstbetrieb in den Büros in Ordnung zu halten,
aber: „Dagegen habe ich bei seiner ganzen Veranlagung Bedenken, ihn auch für die
Stellung eines Aufsichtsrichters bei einem großen Amtsgericht... für geeignet zu halten
. Mir ist schon zweifelhaft, ob sein soziales Empfinden für eine solche Stellung
ausreichen würde. Vor allem aber befürchte ich, dass ihm die erforderliche Ruhe und
Zurückhaltung dafür abgeht..."

Von alle dem ist in der dienstlichen Beurteilung, die Landgerichtsdirektor Wolff im
Jahr 1934 in Vertretung des urlaubsabwesenden Landgerichtspräsidenten Dietrich
über Lutterbeck abgab, keine Rede mehr. Um eine Beurteilung der dienstlichen
Fähigkeiten und Leistungen Lutterbecks drückt sich Wolff mit dem Argument, er
könne das nicht zuverlässig beurteilen - und das nach neun Jahren der Zusammenarbeit
mit Lutterbeck ! - und bemerkt lediglich, ihm sei nichts bekannt, was irgendwie
dagegen spreche, Lutterbeck die Amtsgerichtsdirektorenstelle in Wiesbaden zu übertragen
. Doch dann, bei dem, was jetzt wichtig war, wird Wolff sehr konkret: „Er
bejaht den neuen Staat ganz unzweifelhaft. Er ist schon seit 17. 11. 1931 Mitglied der
NSDAP mit Mitgliedsnummer 759 976, er gehört zur SA Reserve und ist in zahlreichen
Amtern der Parteiorganisation und in öffentlichen Amtern tätig" und so weiter
und so fort. Dass Wolff die Berufung Lutterbecks zum Beigeordneten und zum
Stadtverordneten der Stadt Hechingen nicht ausdrücklich erwähnt, ist wohl darauf
zurück zu führen, dass Beigeordnete und Stadtverordnete zwar - selbstverständlich -
linientreu sein mussten, aber keine Rolle mehr spielten, weil sie nichts mehr zu sagen
hatten. Auffallend ist auch, dass Wolff die Tätigkeit Lutterbecks als Vorsitzendem des
Anerbengerichts und des Erbgesundheitsgerichts nicht ausdrücklich erwähnt, was ja
durchaus ein linientreuer Pluspunkt für Lutterbeck gewesen wäre.

Carl Lutterbeck, seit 1. Januar 1937 Landgerichtspräsident in Hechingen, erkrankte
im Herbst 1940 schwer und verstarb im Februar 1942. Er ist der einzige Hechinger
Präsident, der während seiner aktiven Dienstzeit verstarb.

Zwischenbilanz

Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine kurze Zwischenbilanz. Die richterliche Tätigkeit
von Lutterbeck und seiner Kollegen ist, zumindest in Teilbereichen, unerfreulich
genug. Wesentlich schwerwiegender und katastrophaler ist, wie ich meine, etwas
anderes. Richter waren in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch Autoritäten
, noch Respektspersonen, und dies sehr viel mehr, als es heute der Fall ist. Das

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