Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
41(126).2005
Seite: 104
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2005/0116
Peter Wax

Zeitpunkt war er noch (Planstelleninhaber als) Hechinger Landgerichtspräsident,
allerdings hatte die Militärregierung die Bezüge erheblich gekürzt und ihm die Ausübung
von Dienstgeschäften verboten. Viktor Renner, der damalige Tübinger Landrat
und spätere Innenminister, war also, entgegen landläufiger Meinung, nicht Landgerichtspräsident
. Er wurde 1945 lediglich kommissarisch beauftragt, die Verwaltungsgeschäfte
des Landgerichts zu führen, was er freilich nicht tat. Darum kümmerte
sich der Geschäftsleiter Traber, der später beim Staatskommissariat für die politische
Säuberung in Tübingen tätig war. Er war wohl der einzige unter den Hechinger
Justizangehörigen in leitender Funktion, der nicht Parteimitglied war und dennoch
unbehelligt seiner Arbeit als Geschäftsleiter nachgehen konnte - auch das ging
also, wie man sieht. Das ist sicherlich auch ein Pluspunkt für seinen Präsidenten, also
für Wilhelm Holzhäuer.

Die Präsidentenstelle in Hechingen wurde erst 1950 wieder besetzt, und zwar mit
Erich Neilmann. Diese Verzögerung hängt wohl auch damit zusammen, dass es zuvor
wieder einmal Überlegungen zum Justizstandort Hechingen und zu einer Auflösung
des Landgerichts gegeben hatte.

Holzhäuer wurde im zweiten Umlauf der politischen Säuberung, wie fast alle, als
Mitläufer eingestuft und schließlich im November 1949 als Oberstaatsanwalt und
Leiter der Staatsanwaltschaft Hechingen wieder aktiviert. Im April 1953 folgte seine
Ernennung zum Landgerichtspräsidenten in Ulm. Als solcher ging er zum Ablauf
des Jahres 1954 in den Ruhestand, nachdem er sich nachdrücklich, aber vergeblich um
eine Verlängerung seiner Dienstzeit bemüht hatte.

Zu Wilhelm Holzhäuer wäre, wie auch zu seinen Vorgängern, noch sehr viel zu
sagen. Sehr vieles finden Sie in dem Buch, das seine Tochter, Annegret Lamey, unter
dem Titel „Aufs falsche Pferd gesetzt" über ihre Familie und insbesondere über ihren
Vater geschrieben hat. Ich will mich auf einige wenige Punkte beschränken, die bei
Annegret Lamey nur teilweise oder gar nicht erwähnt sind, weil sie davon - wie auch
ich - bis vor kurzem keine vollständige Kenntnis hatte.

Wilhelm Holzhäuer war vor seiner Hechinger Zeit als Oberstaatsanwalt beim
Generalstaatsanwalt in Stuttgart tätig. Von den Euthanasie-Aktionen, die auch nach
den geltenden NS-Gesetzen eindeutig rechtswidrig waren, hatte er dienstlich erfahren
, außerdem gab es eine Betroffene in seiner Verwandtschaft, die bei den Euthanasie
-Aktionen umgebracht wurde (Sie können das ausführlich bei Annegret Lamey
nachlesen). Als Vertreter des Stuttgarter Generalstaatsanwalts nahm er an der Besprechung
im Berliner Justizministerium am 23. und 24. April 1941 teil, in der es unter
Leitung des Staatssekretärs Schlegelberger um die Notwendigkeit der „Vernichtung
lebensunwerten Lebens" als „Durchführung eines Erlösungsaktes" ging. Zweck der
Besprechung war, die „nachgeordneten Dienstbehörden" der Justiz in Sachen Euthanasie
ruhig zu stellen, was trotz des Unbehagens vieler Besprechungsteilnehmer
gelang - auch Holzhäuer hielt still. Zwar wurden die Euthanasie-Aktionen wenigstens
im Reichsgebiet kurz darauf gestoppt, aber da war es für 70 000 Opfer schon zu
spät. Wegen seiner dienstlichen Mitwisserschaft von den Euthanasie-Aktionen leitete
die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main 1965 gegen Wilhelm Holzhäuer Voruntersuchungen
wegen des Verdachts der Beihilfe zum Mord ein. Das erledigte sich durch
seinen Tod; er ist am 17. Oktober 1965 in Ulm verstorben.

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