Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
41(126).2005
Seite: 105
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2005/0117
Die Geschichte der Justiz in Hechingen

Meine früheren Äußerungen zu Wilhelm Holzhäuer in der Festschrift des Oberlandesgerichts
muss ich nach dem, was ich heute über ihn weiß, teilweise revidieren,
insbesondere meine Meinung zu seiner Haltung gegenüber dem NS-Regime.

Wilhelm Holzhäuer hat immer wieder, insbesondere im Entnazifizierungsverfahren
, nachdrücklich seine angebliche Distanz zur Partei, zu den Vertretern des NS-
Regimes und zur NS-Ideologie betont. Ich habe daran nach dem, was ich inzwischen
über ihn weiß, so meine Zweifel. Dazu ein Beispiel, das mit erst seit kurzem bekannt
ist:

Im Herbst 1944 hielt er anlässlich einer Fachtagung auf der „Reichsburg Kochern"
einen Vortrag zu dem Thema „Sühne- oder Zweckstrafe?" Die Tatsache, dass er dabei
für die Todesstrafe eintrat, wäre nicht weiter erwähnenswert, denn das taten auch viele
Vertreter demokratischer Parteien vor 1933 und nach 1945. Aber dann bekennt er
eindeutig Farbe, und zwar noch im Herbst 1944, als der bevorstehende „Zusammenbruch
", wie er es nannte, schon mit Händen zu greifen war. Zitat: „Gerade die neuere
Entwicklung hat deutlich gezeigt, dass zur Todesstrafe auch da gegriffen wird und
gegriffen werden muss, wo ... nicht ein übervolles Maß menschlicher Schuld nach
absoluter Sühne schreit, sondern unter Umständen nur kalte Staatsnotwendigkeiten
zur Ausmerzung eines Volksfeindes zwingen."

Hinrichtung aus kalter Staatsnotwendigkeit - schon das ist bezeichnend, wenngleich
nicht sonderlich überraschend, schließlich hatte er schon als Oberstaatsanwalt
in Stuttgart dafür gesorgt, dass „Hochverräter" hingerichtet wurden. Aber bezeichnend
ist die Wortwahl - die sehr bewußte Wortwahl, daran habe ich keinen Zweifel,
denn er verstand es hervorragend, mit der Sprache umzugehen. Und das, was er da
von sich gab - „Ausmerzung eines Volksfeindes" - das ist unverkennbar die Sprache
und der Geist des NS-Regimes.

Und dazu jetzt noch abschließend und ohne Kommentar das Kontrastprogramm:
Am 15. Februar 1955 wurde Wilhelm Holzhäuer in einer Feierstunde in Ulm anlässlich
seiner Verabschiedung in den Ruhestand der Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland verliehen. Dass das Bundesverdienstkreuz damals ziemlich wahllos an
viele „hochrangige" Pensionäre verliehen wurde, macht die Sache nicht entscheidend
besser.

Andere Hechinger Richter und Beamte

Es wäre aus der Zeit von 1933 bis 1945 noch manches über so manchen Richter zu
sagen, so z.B. über Fritz Heeser, über Gottfried Simmer, Landgerichtsrat und NS-
Multifunktionär, über Paul Wiegand, der als Amtsgerichtsrat in Haigerloch offenbar
einige Male bei der Partei aneckte. So beschwerte sich zum Beispiel der Haigerlocher
NSDAP-Ortsgruppenleiter beim Hechinger Landgerichtspräsidenten darüber, dass
im Haigerlocher Amtsgericht der Hitlergruß „Heil Hitler" mit einem schlichten
„Grüß Gott" erwidert werde. Zu reden wäre über Paul Reimers, von 1943 bis 1945
Richter am Volksgerichtshof und dort an mehr als 100 Todesurteilen beteiligt; er kam
1955 als Strafrichter an das Landgericht Hechingen, wurde erst lange nach seiner Pensionierung
für seine Tätigkeit während der NS-Zeit zur Rechenschaft gezogen und
entzog sich dem Verfahren 1984 durch Selbstmord.

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