Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
41(126).2005
Seite: 196
(PDF, 38 MB)
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Neues Schrifttum

de vergangene Zeiten zu verstehen, in denen der „gute Ruf" eine sehr hohe, die naturwissenschaftliche
Beweismethode keine soziale Bedeutung hatte.

Der Sammelband arbeitet die Thematik in acht Abschnitten auf, die dem gleichen
Aufbau folgen wie eine wissenschaftliche Monografie: Den einleitenden Bemerkungen
der Herausgeber folgen zunächst Einführungen zur Forschungslage in England,
Frankreich, den Benelux-Staaten und Deutschland durch Peter Weitmann-Jungblut,
Henrik Halbleib, Xavier Rousseaux und Gerd Schwerhoff. Andrea Griesebner und
Monika Mommertz warnen davor, die Konstruktionen von Geschlechterrollen und
Kriminalität in den alten Gerichtsprotokollen unhinterfragt zu übernehmen. Sozusagen
obligatorisch wird die „relationale Analyse von Macht" {Michael Maset, S. 240)
durch Michel Foucault in ihrer Bedeutung für die historische Kriminalitätsforschung
gewürdigt. Uber die Frage nach dem Wandel des Kontextes, der „sozialen Praxis" in
konkreten Fällen gelangt Maset zur Forderung nach „Analysetechniken [...], die
struktur- und handlungstheoretische Perspektiven verbinden" (S. 241).

Der Quellenkritik im engeren Sinne widmen sich im nächsten Abschnitt Klaus
Graf, Gabriela Signori und Ralf-Peter Fuchs. Es zeigt sich rasch, dass die Gerichtsakten
erst in Kombination mit anderen Quellen aussagekräftig werden, gilt es doch
zunächst, die fiktionalen Bestandteile bzw. rein strategischen Argumentationsweisen
vom Umfeld der verhandelten Taten her zu entschlüsseln. Von dort stößt Fuchs zu
grundlegendem „sozialem Wissen" einer Gesellschaft vor. Heike Talkenberger analysiert
anhand der Autobiografie die konkurrierenden Normensysteme der Obrigkeit
und der peer group, die um 1850 auf den unehelich geborenen Handwerkersohn Luer
Meyer einwirkten, der aufgrund seiner Straftaten den größten Teil seines Lebens in
Zucht- und Arbeitshäusern verbrachte.

Peter Schuster, seit Jahren mit Forschungen zur spätmittelalterlichen Konstanzer
Strafrechtspflege ausgewiesen, zeigt die relativ hohe Gewaltbereitschaft von
Angehörigen der Konstanzer Oberschicht auf. Er misstraut freilich seiner Statistik
ebenso wie dem letztlich „ubiquitären" Begriff der Ehre als vorherrschendem Tatmotiv
(S. 376). Steffen Wernicke führt aus, wie der Regensburger Rat die Justiz mit
dem Ziel handhabte, Ausgleich und Frieden zwischen streitenden Parteien bzw.
Delinquenten und sich selbst herzustellen. Urfehdebriefe waren in diesem Zusammenhang
Verträge mit Entlassenen. An höchst unterschiedlichen Delikten - vom Totschlag
über Verschuldung zum Ehestreit - weist Carl A. Hoffmann die Notwendigkeit
der Täter nach, sich mit ihrem städtischen sozialen Umfeld zu einigen. Es lässt
sich ein Zusammenspiel von obrigkeitlicher und horizontaler sozialer Kontrolle
erkennen, auch hier unter dem Aspekt der Friedwahrung. Allerdings wurde der Totschlag
aus Gründen der Abschreckung zunehmend mit der Todesstrafe gesühnt.

Damit rückt das Verhältnis von Staat und Gesellschaft in den Mittelpunkt des
Interesses. Anhand zweier Zaubereibezichtigungen eines Färbers aus Düren um 1519
zeigt Erika Münster-Schröer, wie Landrecht, Schöffenurteil und Femegerichtsbarkeit
im Zuge der Territorialisierung des Rechts zeitweise nebeneinander existieren und
unübersichtliche Verhältnisse schaffen konnten. Wie auch in Südwestdeutschland
häufig zu belegen, waren Hexenverfolgungen durch den Landadel in Münster Versuche
, um 1600 die eigene Gerichtsbarkeit gegen die fürstbischöfliche Zentralgewalt zu
behaupten. Im dänischen Zeeland wurden die Lücken zentralstaatlicher Gerichtsbar-

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