Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 38
(PDF, 55 MB)
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Wilfried Schöntag

ergibt nur einen Sinn, wenn man mit „altem Kloster" eine Vorgängereinrichtung von
Beuron im Tal benennen und lokalisieren will. Dieser Platz lag nicht in der reichsrit-
terschaftlichen Herrschaft der Freiherren von Enzberg, mit denen sich Propst Vitus
jahrelang über die drückenden Vogteirechte stritt, sondern in Vorderösterreich. Hier
greifen wir die ersten Bestrebungen, eine außerhalb der Enzberger Herrschaft gelegene
Vorgängereinrichtung zu konstruieren, um sich von diesen unabhängig machen zu
können. Auf der einen Seite kannte man nicht einmal die genauen Gründungsum-
stände von Beuron im Tal, als man auf der anderen Seite eine weitere neue Gründungslegende
entwickelte.

Diese wurde nach und nach ausgestaltet und in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
schriftlich fixiert. Als der Augustinerchorherrn Franz Petrus aus Wettenhausen
an seiner 1699 veröffentlichten „Suevia Ecclesiastica" arbeitete, hatte er in
Beuron Erkundigungen eingezogen. Er erhielt Informationen, die Leonhardt Betschat
schon in seinem 1669 verfassten Pilgerführer verarbeitet hatte. Er berichtet, dass
im 8. Jahrhundert auf einem Berg links der Donau ein Augustinerchorherrenstift
errichtet worden sei, von dem man außer wenigen Namen von Pröpsten ab der Jahr
907 nichts wisse. Nach einer Marienvision habe der alemannische Herzog Peregrin
das Stift vom Berg in das Donautal verlegt. Petrus kennt als früheste schriftliche
Quelle die Papsturkunde von 1097 und druckt sie ab. Dieser Bericht zeigt, wie die
Beuroner Geschichte von Generation zu Generation weiter ausgestaltet wurde.

Die jeweils neuen Aspekte können mit geistlich-spirituellen und politischen Ereignissen
der Zeit in Verbindung gebracht werden. Es bedarf also gar nicht erst der quellenkritischen
und hilfswissenschaftlichen Argumentation, um Ungereimtheiten zwischen
dem Text in dem Egesheimer Urbar und davon unabhängigen Uberlieferungen
zu bemerken. Ein simpler Vergleich, wer an welchem Ort zu einer bestimmten Zeit
historische Erkenntnisse hatte, reicht aus, um festzustellen, dass die Erzählung über
eine karolingische Gründung erst nach und nach entwickelt worden ist. Das Faktum
einer von Karl dem Großen privilegierten Gründung hätte dem ärmlich ausgestatten
Stift und seinem kleinen Konvent einen ungeheueren Prestigegewinn innerhalb der
oberdeutschen Stifte und Klöster gebracht. Weiterhin war von Bedeutung, dass Alt-
beuron in die Grafschaft Hohenberg, d. h. in das vorderösterreichische Territorium,
verlegt wurde. Der Konvent hoffte, durch die Unterstellung unter das Haus Habsburg
die drückende Enzberger Herrschaft abstreifen zu können.

Diese politischen und verfassungsrechtlichen Fragen sollen zunächst jedoch
zurückgestellt werden, da bei einer Auseinandersetzung mit der Argumentation von
Leopold Stierle vor allem die Quellenkritik im Mittelpunkt steht. Er verwendet die
Texte und deren Inhalt ohne quellenkritische Fragen zu stellen. Wenn ein Text in
einem datierten Band steht, dann ist nach seiner Auffassung auch der jeweilige Nachtrag
in diesem Jahr geschrieben. Und wenn er sich auf keine Texte stützen kann, dann
sind diese verloren gegangen oder er stellt fest „Die mündliche Uberlieferung jedoch
hat die Erinnerung an das Kloster wachgehalten, und die Flurnamen Pussen-Buron
und Altes Kloster im Gewann Eschenacker auf der Anhöhe über dem linken Donauufer
bestätigen und bekräftigen diese Uberlieferung"9. Stierle ist nicht bewusst, dass

9 Stierle (wie Anm. 3), S. 1.

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