Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 217
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Das Ende des Zweiten Weltkriegs und die frühere Besatzungszeit in Hechingen

macht, der Verschleiß war groß. Der Rückzug führte Schulz am 9. April nach Jungingen39
. Dort blieb er zehn Tage. Am 19. April fand er, dass es zu gefährlich war, und
zog weiter. Dafür kam Erich Brandenberger, eine Etage tiefer Chef der 19. Armee,
auch ein General. Er blieb nur einen Tag und war am 21. April schon in Ravensburg.
Die Befehlshaber und ihr Tross in beschleunigtem Rückwärtsgang.

Das Armeekorps auf der nächst tieferen Ebene war zum größten Teil im Schönbuch
. Nach hinten frei bewegen konnte sich nur noch die 257. Volksgrenadierdivision.
Am 20. April schlug sie ihren Gefechtsstand in Mössingen auf. Oberst Ringler
wurde neuer Kommandant. Auch er war in akuter Gefahr, eingeschlossen zu werden.
Frei waren nur die beiden Albaufgänge bei Mössingen und Hechingen. Am 21. April
erhielt Ringler den Befehl, sich auf die sogenannte Albrandstellung zurück zu ziehen.
Die sollte dann gehalten werden. Einen Tag gelang das, am 23. April waren die Reste
der Division schon bei Hayingen und zogen weiter Richtung „Alpenfestung".

In welchem Zustand die Truppe war, konnte man überall sehen, wo sie auftauchte.
Kübelwagen, Pferdefuhrwerke, viele zerlumpte Soldaten zu Fuß, wenig Waffen.
Ein jämmerliches Bild. Am 16. April kam ein Feldlazarett nach Hechingen, am

18. April der Rest einer Flak-Abteilung, die sich aus Rottenburg hatte absetzen können40
. Sie machten Pause, andere Einheiten und Gruppen zogen gleich weiter. Mittags
bei Fecker Soldaten, die von Wildbad kommen; sie waren dort plötzlich angegriffen
worden, ihr Kommandeur war gefallen, jetzt wollten sie nach Ulm zu einer Sammelstelle
, schrieb Werner Heisenberg, der Atomphysiker, nüchtern in sein Tagebuch.
Gegen Abend grosser Rückzugsbetrieb auf allen Strassen. Heftiger Kanonendonner
aus der Richtung von Horb, notierte er41. „Man kam kaum durch", hat ein Reisender
in der Erinnerung den Stau beschrieben, den er im Killertal am 18. April auf der
Heimfahrt nach Sigmaringen erlebte42. Es gab überall Kontrollen. Die Feldgendarmerie
suchte Deserteure.

Auch für die Dienststellen, die teilweise seit Jahren in Hechingen waren, gab es
kein Halten mehr. Eine nach der anderen machte zu und zog ab: die Staatsgewalt in
Auflösung. Die Wehrmacht hinterließ ein Vakuum, in dem die öffentliche Ordnung
auf der Strecke blieb. Am nachhaltigsten prägte sich der Erinnerung jahrelang der
Abzug des Marinebekleidungsamts ein. Seine Waren-Lager in Hechingen wurden am

19. April ausgeräumt. Die Leute waren alle wie losgelassen, schrieb Frida Zinser in
ihr Tagebuch: Wie wild mit Wagen sind sie gefahren. Da wurde alles zusammen zum
Fenster herausgeworfen, was Du Dir nur denken kannst: [...] die schönsten Anzüge,

39 Joachim Streit: Die militärische Besetzung der Kreise Balingen und Hechingen (wie Anm.
38) S. 29. Heimatbuch Jungingen. 900-Jahrfeier im Jahre 1976. Hechingen [1976]. S. 108.
Danach wohnte Schulz bei Trikotfabrikant Friedrich Schuler und hatte sein Büro im Haus Nr.
224 unterhalb der St.-Anna-Kapelle. Der Nachrichtenstab lag im Keller des Schulhauses, die
Funkantennen standen bei den drei Eichen und am Wasserbehälter.

40 Heimatliches Kriegsgeschehen II und III (wie Anm. 1). Walter Sauter: Die letzten Blätter
(wie Anm. 25). Chronik-Entwurf (wie Anm. 1) S. 94.

41 Werner Heisenberg: Tagebuch (wie Anm. 31) S. 1.

42 Hermann Auer in: Christoph Wartenberg: Die Geschichte in Geschichten - Erinnerungen
von Zeitzeugen an das Kriegsende im Kreisgebiet. In: Von der Diktatur zur Besatzung (wie
Anm. 38) S. 233-240, hier S. 235.

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