Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 221
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Das Ende des Zweiten Weltkriegs und die frühere Besatzungszeit in Hechingen

Hause. Während von der Neustraße her die MGs der Panzer knattern, komme ich
glücklich in meiner Wohnung an, schrieb er in sein Tagebuch53.

Walter Sauter berichtete von der „Beschießung der unbesetzten Flaktürme vor der
Bahnhofeinfahrt", durch die das nahe gelegene Eisenbahnerwohnhaus in Brand
geriet. Die Feuerwehr rückte aus54. Offensichtlich versuchten die Soldaten des Aufklärer
-Regiments herauszufinden, ob Widerstand zu erwarten war. Als aus dem
Stadtkern heraus das Feuer nicht erwidert wurde, teilten sie sich und drangen gleichzeitig
über Staig, Neustraße und Bierweg in das Stadtzentrum vor. Sie suchten das
Rathaus. Das war damals das Alte Schloss.

Franz Josef Simmendinger wartete dort, wie es Regierungspräsident Dreher gefordert
hatte. Er war prominenter NSDAP-Kommunalpolitiker in Hechingen und Leiter
der Allgemeinen Ortskrankenkasse. Bürgermeistervertreter wurde er, weil Amtsinhaber
Paul Bindereif sich zur Wehrmacht gemeldet hatte. Simmendinger versicherte
dem französischen Offizier, die Wehrmacht sei abgerückt und er bereit, die Stadt
zu übergeben. Darauf wurden die im Alten Schloss gelagerten Waffen des Volkssturms
ausgeliefert55.

Wer Simmendinger an diesem Nachmittag gegenüber stand, ist nicht bekannt. Den
Namen des französischen Offiziers scheint sich niemand gemerkt zu haben - oder er
hat ihn nicht genannt und nur seine Pistole gezeigt. Davon jedenfalls ist berichtet
worden. Der französische Offizier händigte Simmendinger seinen ersten Befehl aus,
einen hektographierten Handzettel der 1. Französischen Armee ohne Stempel und
ohne Unterschrift, in der auf deutsch geschrieben stand, was die Sieger forderten56.
Die Hechinger erhielten Ausgangssperre ab Sonnenuntergang. Jeglicher Verkehr war
verboten, selbst per Fahrrad. Niemand durfte die Stadt verlassen.

Bei diesen harschen Auflagen blieb es monatelang. Die Sperrzeiten wurden mehrmals
neu festgesetzt und den Sonnenauf- und -untergangszeiten angepasst, dienten
aber auch als Kollektivstrafe oder wurden aus Sicherheitsgründen verhängt. Im Juli
etwa durften die Hechinger zwei Tage lang auch tagsüber nicht auf die Straße. Den
einen oder anderen guten Tag gab es aber auch. Für den Kirbetanz im Oktober im
Museum verlängerte die Militärregierung die Sperrzeit bis Mitternacht. Die Resi-

53 Frida Zinser: Tagebuch (wie Anm. 21) 22.04.1945, S. 3. Erich Bagge: Tagebuch 22.04.1945.
Zitiert nach: Atom-Museum Haigerloch. Geschichte deutscher Atomforschung. Der erste
Atommeiler. Originalberichte der Wissenschaftler. Haigerloch 1982. S. 94f. Vgl. Nachrichtenblatt
Nr. 5/24.08.1945: „Am Sonntag den 22. April 1945, nachmittags 5 Uhr zogen alliierte
Feldtruppen in Hechingen ein."

54 Walter Sauter: 22. April (wie Anm. 33). Vgl. 120 Jahre Freiwillige Feuerwehr Hechingen
(wie Anm. 19) S. 40.

55 Heimatliches Kriegsgeschehen III (wie Anm. 1). Walter Sauter: 22. April (wie Anm. 33).
Hechinger kleiden sich neu ein (wie Anm. 28). Franz Josef Simmendinger (11.06.1899-
09.12.1977) war seit 1932 NSDAP-Mitglied. 1933 wurde er Stadtverordneter und Geschäftsführer
der Allgemeinen Ortskrankenkasse Hechingen. Als Beigeordneter übernahm er im September
1941 die Vertretung des Bürgermeisters. Nach dem Krieg war er zeitweise interniert und
kehrte 1947 als stellvertretender Geschäftsführer zur AOK Hechingen zurück.

56 StadtAH. A200 Reg.-Nr. 9731, Requisitionen Radioabgabe Sonstige. 2. Besatzungsangelegenheiten
Einzelne Requisitionen 1945-46.

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