Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 223
(PDF, 55 MB)
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Das Ende des Zweiten Weltkriegs und die frühere Besatzungszeit in Hechingen

draußen: Heute früh war ich [...] in der Stadt, aber ich hin die ganze Zeit gesprungen
und war froh, als ich wieder zu Hause war, schrieb sie60. Uber Vergewaltigungen ist
immer wieder berichtet worden. In welchem Ausmaß sie begangen wurden, lässt sich
aber nur schwer bestimmen61.

In der Erinnerung der Hechinger wurden immer wieder die marokkanischen Soldaten
für die Plünderungen und Gewalttaten der ersten Tage verantwortlich gemacht.
Die Militärregierung wies die Schuld vor allem den Ausländern zu, Kriegsgefangenen
und Zivilarbeitern: Sie hätten sich „ausgesprochen" undiszipliniert gezeigt. Bis in den
Sommer 1945 hinein hätten Ubergriffe nicht vollständig verhindert werden können,
heißt es im Abschlussbericht von Militärgouverneur Roger Courtois am Ende der
Besatzungszeit 194962. Gefürchtet waren vor allem die Russen, die auch organisiert
über Land zogen. Letztlich konnte aber jeder die Situation nutzen, der dazu willens
war und günstige Gelegenheit erhielt.

In den ersten Tagen hatten die französischen Befehlshaber wenig Sinn, sich um das
zivile Hechingen zu kümmern. Die Interessen der Armee hatten Vorrang. Von
Hechingen und von Mössingen aus erzwangen sich französische Truppen den Aufstieg
auf die Alb und gerieten immer wieder mit abrückenden Wehrmachtseinheiten
in Gefechte. Die Stadt ist gestopft voll mit Soldaten, staunte Frida Zinser am 24.
April. Heute früh kamen Franzosen und Marokkaner die Staig herauf, immer schußbereit
an den Häusern entlang, und in der Mitte ging die Bevölkerung auf und ab,
beobachtete sie63. Selbst der Marsch durch die Stadt war noch Kampfeinsatz. Zurückkehrende
Trupps führten deutsche Gefangene mit sich, zuerst ab und zu, dann ganze
Einheiten. Die Schlossbergschule wurde Durchgangslager für die Kriegsgefangenen,
zu Spitzenzeiten waren Tausende dort. Die Bevölkerung soll mit Essen und Trinken
und zum Waschen hinüber kommen. Viele haben ganze Eimer voll Suppe gekocht,
schrieb Frida Zinser am 27. April64.

Männer wurden wiederholt zu Arbeitseinsätzen geholt. Straßen und Wege säubern
und aufräumen lassen, insbesondere Panzersperren beseitigen, gehörte zu den Aufgaben
, die Bürgermeister Simmendinger mit dem Handzettel schon beim Einmarsch

60 Frida Zinser: Tagebuch (wie Anm. 21) 24.04.1945, S. 13.

61 Die frühen Berichte, die in der Regel von Augenzeugen stammen, sehen Vergewaltigungen
eher als Einzelfälle. Nach Hans Speidel kam es wohl „mehrfach zu Belästigungen", aber nur
„vereinzelt sogar zu Vergewaltigungen", s. Hans Speidel: Der Landkreis Hechingen (wie Anm.
1) S. 246. Neuerdings findet sich eine Dramatisierung der Sicht, vgl. Ute Weidemeyer-Schellinger
: „Es war wie überall, eben kleiner". Französische Besatzung in Burladingen (1945-
1948). In ZHG 33 (1997) S. 97-154. 34 (1998) S. 225-308. Möglicherweise gab es von Dorf zu
Dorf auch unterschiedliche Erfahrungen. Belegt zu sein scheinen tatsächlich nur wenige Fälle.
Einer davon endete in Sickingen für einen Nachbarn tödlich, s. [Anton Daiker:] Leintücher
in Fenstern - Von Marokkanern erschossen. In: SB Nr. 95/25.04.1995. Frida Zinser: Tagebuch
(wie Anm. 21) 28.04.1945, S. 26, beschrieb nüchtern: Junge Mädchen [...] müssen wir vor den
Marokkanerin] verstecken[,J aber die brauchen ja auch nicht heraus[J wenfn] es nicht unbedingt
nötig ist. Es laufen immer welche den ganzen Tag in der Stadt herumfj aber immer dieselben
.

62 Roger Courtois: Der Kreis Hechingen (wie Anm. 19) S. 314, 322, 326, 329.

63 Frida Zinser: Tagebuch (wie Anm. 21) 23.04.1945, S. 10, 24.04.1945, S. 13.

64 Frida Zinser: Tagebuch (wie Anm. 21) 27.04.1945, S. 21, 30.04.1945, S. 28.

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