Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 233
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2006/0245
Das Ende des Zweiten Weltkriegs und die frühere Besatzungszeit in Hechingen

Für Ortsgruppenleiter Paul Weidle war der Krieg Mitte Mai 1945 zuende. Am 12.
Mai war er zurück in Hechingen: Gestern haben die Franzosen wieder ein Trüpplein
gefangene deutsche Soldaten und Zivilisten die Staig her auf geführt, auch Weidle als
Gefangenen. Die sind alle im Gefängnis, notierte Frida Zinser92. Die Zellen in der
Heiligkreuzstraße, jetzt unter französischer Aufsicht, waren Zwischenstation auf
dem Weg in das Internierungslager Balingen. Weidle blieb dort bis 1948.

Als die Massengräber in den Konzentrationslagern entdeckt wurden, mussten die
politischen Gefangenen die Leichen exhumieren93. Auch zu Instandsetzungsarbeiten
auf dem jüdischen Friedhof in Hechingen wurden Gefangene und bekannte Parteigenossen
herangezogen. Im August mussten gleich 60 ran94, auch Wilhelm Holzhäuer
war dabei.

Entnazifiziert wurden selbst die Bücherregale. Im Juni 1945 ordnete die Militärregierung
die Abgabe aller Bücher an, die nationalsozialistischen Geist atmen. Bilder
und Skulpturen, die den Zweck verfolgen, das nationalsozialistische Regime oder
Hitler zu verherrlichen, den Rassendünkel zu stärken [oder] die alliierten Mächte zu
verspotten, mussten ebenfalls abgeliefert werden. Drei Tage lang trugen die Hechinger
die Wahrheiten der letzten zwölf Jahre in die Gewerbeschule in der Kaufhausstraße
, am 3. Juli wurde die Sammlung der Militärregierung übergeben: 2560 Kilogramm95
.

92 Frida Zinser: Tagebuch (wie Anm. 21) 13.05.1945, S. 55. Zu Paul Weidle (geb. 13.12.1895)
vgl. Bundesarchiv Berlin-Zehlendorf (ehemals Berlin Document Center). PK 11300 15272,
Hauptschulungsamt der NSDAP München, Beurteilungsbogen 26.06.1942. Im Entnazifizierungsverfahren
wurde Weidle zur Entlassung ohne Bezüge verurteilt und erhielt Tätigkeitsund
Redeverbot auf fünf Jahre, s. Amtsblatt des Staatssekretariats für das französisch besetzte
Gebiet Württembergs und Hohenzollerns Nr. 18/20.09.1946, S. 187. 1950 zog er nach Ludwigsburg
. Zum Internierungslager Balingen vgl. Blau-Weiß-Rot (wie Anm. 19) S. 61-63.

93 Im Herbst 1945 wurden die Toten aus dem Massengrab von Schömberg exhumiert, ab
November 1946 die Toten von Bisingen, s. Blau-Weiß-Rot (wie Anm. 19) S. 306f., S. 337f., 341.
Michael Grandt: Unternehmen „Wüste" - Hitlers letzte Hoffnung. Das NS-Ölschieferpro-
gramm auf der Schwäbischen Alb. Tübingen 2002. S. 131-139.

94 Nachrichtenblatt Nr. 3/10.08.1945.

95 Stadt AH. A200 Reg.-Nr. 9731, Requisitionen Radioabgabe Sonstige. 2. Besatzungsangelegenheiten
Einzelne Requisitionen 1945-46. Vgl. Walter Sauter: Vor 20 Jahren (wie Anm. 43).

96 Einsetzung 05.12.1945 laut StAS. Ho 13 T 2 Nr. 722, Landratsamt Hechingen: Monatsberichte
und Statistiken an die französischen Kreisdelegierten. 1945-1952. Monatsbericht Dezember
1945. Einsetzung 19.11.1945 laut Hans Speidel: Der Landkreis Hechingen (wie Anm. 1)
S. 266. Speidel schreibt, nach dem Kenntnisstand des Landratsamts habe der Ausschuss bis
Januar 1946 513 Fälle entschieden, dabei in 256 Fällen Sanktionen verhängt und 257 Mal auf
Sühnemaßnahmen verzichtet. Nach den Berichten des Landrats blieben nach der Überprüfung
von 1101 der 1548 Fälle bis Ende Januar 1946 knapp 66 Prozent der Beschäftigten des öffentlichen
Diensts im Amt, bei einem Drittel gab es Sanktionen von der Zurückversetzung bis zur
Dienstentlassung. Die hohe Zahl der von Speidel genannten Sanktionen dürfte damit zusammenhängen
, dass der Ausschuss seine Arbeit mit den bekanntermaßen schwerwiegenden Fällen
(A-Fälle) begann. Nach einer Aufstellung der Militärregierung gehörten 37 Prozent der
Beschäftigten im öffentlichen Dienst der NSDAP an. Besonders ausgeprägt war die Verstrickung
in das nationalsozialistische Regime in Vermessungsamt, Schulen und Justizverwaltung
, s. Roger Courtois: Der Kreis Hechingen (wie Anm. 19) S. 330-332, 340, 347, 371.

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