Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 234
(PDF, 55 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2006/0246
Rolf Vogt

Die juristische Bewältigung des Nationalsozialismus begann Ende des Jahres 1945
mit der Einsetzung der Untersuchungsausschüsse zur Uberprüfung von Verwaltung
und Wirtschaft. Der Kreisuntersuchungsausschuss für die öffentliche Verwaltung
erledigte nach der Einsetzung Ende 1945 seine Arbeit in den ersten Monaten des Jahres
1946 mit der Bearbeitung von mehr als 1500 Fällen96, der Ausschuss für die freie
Wirtschaft nahm seine Arbeit im Frühjahr 1946 auf und arbeitete bis Juni 1947 etwa
1150 Fälle ab97. Der Rangendinger Landwirt Jakob Hermann, ein alter Zentrumsmann
und als Freund von Eugen Bolz im erweiterten Kreis der Systemgegner, die
nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 interniert wurden, leitete den Untersuchungs-
ausschuss für die Verwaltung. Der Haigerlocher Fabrikant Josef Zöhrlaut anfangs,
dann Otto Unmuth, Fabrikant aus Killer, standen dem Wirtschaftsausschuss vor.

Der Hechinger Untersuchungsausschuss zur Säuberung des öffentlichen Dienstes
stufte etwa ein Drittel der Beschäftigten als belastet ein, nach Ansicht des späteren
französischen Militärgouverneurs Roger Courtois ließ er aber „bei seinen Beurteilungen
sehr viel Nachsicht walten". Die Militärregierung um Oberst Brochu, über
den der Weg zum Säuberungskommissar nach Tübingen ging, verschärfte die Strafvorschläge
in zahlreichen Fällen. Die Entscheidungen des Säuberungskommissars
wurden im Amtsblatt des Staatssekretariats veröffentlicht und waren damit allgemein
bekannt.

Die neuen Gerichte begannen mit der strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbre-
chen. Das französische Militärgericht in Rastatt verurteilte im August 1946 den
Hechinger Gendarmerieleutnant Johannes Beuck zum Tode wegen der Hinrichtung
von zwei entflohenen und wieder aufgegriffenen Bisinger KZ-Häftlingen im November
1944 in Stetten98. Vor dem Hechinger Landgericht gab es 1947 und 1948 mehrere
große NS-Prozesse, darunter den Schraermeyer-Prozess, die beiden Haigerlocher
Judenprozesse, den Stehle-Prozess und den Hechinger Synagogenprozess99.

Hechinger Handschrift trägt die Entnazifizierung übrigens deutlich erkennbar in
der gesamten französischen Besatzungszone, dem späteren Württemberg-Hohenzol-
lern. Zwei Namen drängen sich auf: Anton Traber und Alexander von Normann.
Justizamtmann Anton Traber, in der Hechinger Justiz einer der wenigen ohne Parteibuch
, führte seit dem französischen Einmarsch die Geschäfte am Landgericht. Er
wurde im Juli 1947 in Tübingen Staatskommissar für die politische Säuberung und
baute das Spruchkammersystem auf, die Berufungsinstanz für die Entnazifizierungsverfahren
. Traber starb aber schon 1948100. Amtsgerichtsrat Dr. Alexander von
Normann war maßgeblich an der Ausarbeitung der Rechtsanordnung beteiligt, die

97 StAS. Wü 15 Nr. 191, Kreisuntersuchungsausschuß Hechingen: Wochen- und Monatsberichte
des Krua Hechingen (Wirtschaft).

98 ST Nr. 69/30.08.1946, 70/03.09.1946. Vgl. Hans Speidel: Der Landkreis Hechingen (wie
Anm. 1) S. 249f. Rolf Vogt: Zwangsarbeit (wie Anm. 4) S. 654f.

99 Haigerlocher Judenprozess s. ST Nr. 74/16.09.1947, 116/06.12.1948. Haigerlocher Synagogenprozess
s. ST Nr. 102/24.12.1947. Stehle-Prozess s. ST Nr. 74/31.08.1948. Hechinger Synagogenprozess
s. ST Nr. 113/29.11.1948, 116/06.12.1948.

100 Zu Anton Traber (23.11.1897-04.06.1948) vgl. Blau-Weiß-Rot (wie Anm. 19) S. 323f. Hans
Speidel: Der Landkreis Hechingen (wie Anm. 1) S. 267-269.

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