Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 260
(PDF, 55 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2006/0272
Neues Schrifttum

Die Bandbreite dieser vielfach zwielichtigen wirtschaftlichen Unternehmungen
reicht von einem Kanalbauprojekt zur Anbindung der Stadt Provins an die Seine über
den Bau und den anschließenden Verkauf kleinerer Hotels in der Nachbarschaft seines
eigenen Stadtpalais und die Beteiligung an einer Seefahrtsgesellschaft bis zur Herausgabe
eines französisch-sprachigen „Journal de Kirn" nebst der Errichtung einer
Druckerei sowie einer Papiermühle in der kleinen Territorialhauptstadt Kirn. Die
Gemeinsamkeit all dieser Aktivitäten besteht in ihrer durchgehenden Erfolglosigkeit
und den katastrophalen Auswirkungen auf die fürstlichen Finanzen. Friedrich von
Salm-Kyrburg gerät dank seines Lebensstils, seiner Bau- und Wirtschaftsprojekte
sowie der Aufnahme immer neuer Kredite bereits in der ersten Hälfte der 1780er Jahre
in eine zunehmend ausweglose Verschuldung.

Als er über dubiose Gewährsleute ein Londoner Geschäftshaus in seine Finanzierungsbemühungen
einspannt, endet dies Ende 1783 mit dem Konkurs des englischen
Partners, der daraufhin den Fürsten mit gerichtlichen Rückzahlungs- und Schadensersatzforderungen
in die Enge treibt. Weitere Schuldner und für ihre Leistungen nicht
bezahlte Lieferanten betreiben Zwangsvollstreckungen und schließen sich im September
1787 schließlich zu einer „Gläubigerunion" zur gemeinsamen Durchsetzung
ihrer Ansprüche von mehr als 1 Million Livres zusammen. Ein letzter Versuch zur
Bereinigung der Schuldenkrise durch einen vom königlichen Staatsrat verordneten
Zahlungsaufschub sowie die Generalbevollmächtigung der Pariser Bankiers Leleu in
allen fürstlichen Finanz- und Schuldenangelegenheiten scheitert an der Obstruktion
Friedrichs, der zu keinerlei Einschränkung seiner standesgemäßen Lebensführung
bereit ist und die verordneten Sanierer schließlich rüde ausbootet. Am Ende stehen
der Entzug der königlichen Protektion, Pfändungen und Zwangsvollstreckungen
gegen den rettungslos in der Schuldenfalle gefangenen Adligen. Nicht besser laufen
die Dinge im Reich, wo Friedrich in seiner Finanznot den von den Kirner Piaristen
verwalteten Bildungsfond um nahezu sein komplettes Kapital bringt und die Auszahlung
eines von Vater Philipp Joseph testamentarisch zugesprochenen Legats von
300.000 Livres an seinen jüngeren Bruder Moritz hintertreibt. Die Gegenwehr beider
Geschädigter führt zum Eingreifen von Reichshofrat und Reichskammergericht und
schließlich 1792 zur Einsetzung einer Debit- und Konkurskommission, die sämtliche
salm-kyrburgische Einkünfte sequestriert, rigorose Sanierungsmaßnahmen umsetzt
und dem Fürsten jeglichen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte seines Territoriums
nimmt. Das Streben Friedrichs nach ständischer Reputation und Prestige endet damit
im finanziellen Ruin, dem gänzlichen Verlust der Kreditwürdigkeit und beträchtlichem
Schaden für den eigenen Ruf in der Adelsgesellschaft.

Vor dem Hintergrund dieser „Vorgeschichte" deutet Joachim Emig nun das vermeintlich
revolutionsfreundliche Agieren Friedrichs seit 1789: Die politisch-gesellschaftliche
Umwälzung sieht der Fürst vor allem als Chance für einen wirtschaftlichen
Neubeginn und für die Abrechnung mit dem Ancien regime, das ihn vermeintlich
gedemütigt und in seiner Schuldenmisere im Stich gelassen hatte. In Deutschland
versucht er 1792 unter Berufung auf die Freiheitsforderungen der Revolution gar, die
französische Republik zum Vorgehen gegen die von den salmischen Agnaten besetzte
Debitkommission sowie die angeblich aufklärungsfeindlichen Piaristen zu veranlassen
und damit ganz unverblümt seinen eigenen Interessen dienstbar zu machen.

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