Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
42(127).2006
Seite: 270
(PDF, 55 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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Neues Schrifttum

oft faszinierende Mischung von Anpassung und Widerstandsleistungen Einzelner.
Auch wenn Hoser dies selbst ablehnt, wird man doch immer wieder im Ergebnis der
politischen Säuberung stark an Lutz Niethammers „Mitläuferfabrik" erinnert. Ebenso
bedrückend wirkt, dass der von 1937 bis 1945 amtierende Rektor der TH Karlsruhe
, obwohl u.a. SA-Obersturmführer und Reichsredner der NSDAP, nicht weniger
als 69 Entlastungszeugen „vorwiegend aus der elektrotechnischen Industrie" findet,
dass aber nur vier Belastungszeugen den Mut zur Aussage haben (Beitrag Gerhard
Neumeier). Ahnlich interessant ist der Beitrag von Christoph Strauß zur Internierung
NS-Belasteter in Württemberg-Baden.

Ein zweiter, aber weniger deutlicher Schwerpunkt sind Regionalstudien. Wolf gang
Weber stellt die eigentümliche Situation in Vorarlberg dar, Heiner Stauder die im
Kreis Lindau; Vorarlberg wie Lindau profitieren von einer Sonderstellung gegenüber
der französischen Besatzungsmacht, die sich in ganz konkreten Vorteilen gegenüber
anderen Regionen auswirkt.

Jürgen Klöckler erinnert - noch pointierter als in seiner grundlegenden Arbeit von
1998 - an Träume zu ganz neuen Grenzziehungen im schwäbisch-alemannischen
Raum nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und ihres extremen
Zentralismus. Sehr zu Recht beklagt er, dass die Forschung bis heute nicht bereit ist,
die Ernsthaftigkeit und Relevanz dieser Grenzziehungsdebatten in den ersten Nachkriegsjahren
zur Kenntnis zu nehmen.

Der dritte thematische Schwerpunkt ist die Wirtschaftsgeschichte. Dazu gehört
außer dem bereits beschriebenen Beitrag über Memminger Industrieunternehmerschaft
eine außerordentlich materialreiche Untersuchung von Stefan Grüner über den
wirtschaftlichen Strukturwandel und die Industriepolitik in der Region Bayerisch
Schwaben zwischen 1933 und 1950. Er kann zeigen, dass nicht der ländliche Raum,
wohl aber die Kleinstädte der Region von der massiven Aufrüstungspolitik der NS-
Zeit profitieren und dass die großen Rüstungsbetriebe (MAN und Messerschmidt-
Werke) sich in dieser Region vor allem eine große Anzahl von Zulieferbetrieben
zulegten; staatliche Steuerung ist dabei nicht zu erkennen, da der von der Wehrmacht
erzwungene Zeitdruck längerfristige Planungen gar nicht zulässt. Der zweite Faktor
eines nachhaltigen Strukturwandels der Region ist die Ansiedlung von Vertriebenen.
Auch hier wird ministerielle Planung unterlaufen, sei es von Standortwünschen der
ehemaligen sudetendeutschen Unternehmer, sei es durch die Initiative lokaler und
regionaler Vertreter der amerikanischen Militärverwaltung, teils deutscher Verwaltungsstellen
. Die Unternehmer-Biografien von Paul und Hermann Reusch (beide
Vorstandsvorsitzende der Gute-Hoffnungs-Hütte) von Gerhard Hetzer sind an die
regionale Ausrichtung des Bandes nur recht dünn angebunden (über die Herkunft
von Paul Reusch, seinen Alterswohnsitz, personelle Beziehungen etwa zu Robert
Bosch und Theodor Heuß sowie über die Konzernteilstücke insbesondere zum
Augsburger Raum). Sie sind ungemein materialreich und bereichern die Kontinuitätsnachweise
für die Nachkriegszeit sehr konkret: Uber Jahrzehnte werden das
Selbstverständnis und die Machtbasis von Vorstandsvorsitzenden als „Hausmeier" in
einem selbstverständlich autoritären und gesellschaftspolitisch strikt konservativen
Sinne deutlich - ein Selbstverständnis, das Mitbestimmung als wesensfremd erachtet.
Hetzer kann nachweisen, wie sehr Vorstellungen des Kaiserreichs noch in die Früh-

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