Freiburger historische Bestände - digital

Wolfgang Hermann

5.4 Räumliche Grenzen werden überschritten

Der Schwarzwälder Bote vom 25. Februar berichtete148 in zusammenfassender
Weise und nicht ohne Polemik. Robert Blum wurde darin verteidigt und die Rede
Joseph Sprißlers, die dieser auf den in Wien am 9. November 1848 erschossenen Blum
in der Sulzer evangelischen Pfarrkirche gehalten hatte, lobend hervorgehoben149. Wie
Ralf Zerhack in seiner Biografie über Robert Blum hervorgehoben hat, war der in
Köln 1807 geborene Katholik ein führender Vertreter des neuen „Deutschen Katholizismus
". Als solcher lehnte dieser, ähnlich wie Josef Sprißler, die Vorherrschaft
Roms, Heiligen- und Marienkult, Wallfahrten, Ablässe und den Zölibat ab, und Josef
Sprißler war unter den theologischen Bildungsvorgaben von Heinrich v. Wessenberg
herangereift150. Für die Meldung im Schwarzwälder Boten zeichnete ein Empfinger
Lokalverein. Für Sprißler selbst traten die Empfinger, sowie der Wehrsteiner, der
Hechinger und Haigerlocher Märzverein ein. Der Tübinger Volksverein sprach dem
streitbaren Pfarrer seine Anerkennung aus. Eine Demonstration am 11. März 1849
unterstrich die große Anhänglichkeit der Bevölkerung151. Demokraten und Republikaner
sowie persönliche Freunde Sprißlers trafen sich an diesem Tag in Empfingen,
um mit diesem für die Grundrechte, die politischen Freiheiten und gegen kirchlichen
Zwang einzutreten. Der gewiß parteiische Correspondent des Schwarzwälder Boten
berichtet152 unter dem 12. März 1849 von einer großen Feier, an der sich 500 Fackelträger
und eine Menge von 5000 Personen beteiligt haben sollen. Den grenzüberschreitenden
Ruf Sprißlers belegen die Teilnahme der Sulzer Bürgerwehr mit einem
musikalischen Auftritt, die vielen Sympathisanten aus dem Mühlbachtal, aus Grünmettstetten
, Rexingen, Horb, Nordstetten, Wiesenstetten und Mühringen; aus dem
damaligen Oberamt Glatt waren viele gekommen. Der Berichterstatter, der ohne
Zweifel ein Vertreter der Demokraten aus dem Wehrsteiner Kreis war, resümierte, daß
dies <...> die gesezlichste Demonstration gegen Attentate auf Volks- und Grundrechte
, auf den Angriff der Unverantwortlichkeit der Reichstagsahgeordneten
<war>; es war diese Feier ein Zeichen des erwachten lichtem Volkssinnes <...>. Wie
sehr eine Verbindung von Sprißler und den Märzvereinen hergestellt werden sollte,
verdeutlicht der Bericht von der Rede, die derselbe am Schlüsse hielt. Sprißler soll
geendet haben mit Toasten auf Rohert Blum, auf den März und die Märzvereine, auf
alle Männer aller Jahrhunderte, die für Recht, Licht, Wahrheit und Freiheit kämpften
<...>.

Bei der am 18. März stattfindenden Volksversammlung in Haigerloch war Pfarrer
Sprißler ein Thema gewesen. In der nachfolgenden Ausschußsitzung der anwesenden

148 SB, Nr. 38 v. 25. 2.1849 unter „Aus dem Wehrsteinischen".

149 Ein Kommentar dazu, wegen der Suspension im SB, Nr. 48, v. 11. 3.1849.

150 Zerback (wie Anm. 65), S. 168, Abb. Nrn. 17-20.

151 Gönner (wie Anm. 16), S. 148. - Polemiken gegen reaktionäre Geistliche im SB, Nr. 47
(Nachläufer) vom 10. 3.1849.

152 SB, Nr. 52, v. 17. 3.1849.

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