Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 156
(PDF, 57 MB)
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Casimir Bumiller

DIE WIEDERKEHR DES VERGESSENEN

Wir werden bei Betrachtung der gemeinsamen hohenzollerisch-württembergi-
schen Geschichte Zeuge eines eigenartigen historischen Phänomens. Da gab es zwischen
1377 und 1458 in der Begegnung beider Nachbarn eine überaus kritische Phase
, die auf der einen Seite getragen war von der letztlich enttäuschten Hoffnung auf
einen bedeutenden Territorialzuwachs, auf der anderen Seite reziprok von der Angst,
verschlungen zu werden. Diese von starken Emotionen belastete Interdependenz beider
Herrschaften hat sich bemerkenswerter Weise über das Jahr 1458 hinaus im kollektiven
Gedächtnis beider Parteien verankert.

Allerdings gab es vom späten 15. bis ins beginnende 19. Jahrhundert eine lange
Phase, in der diese Verstrickung des 15. Jahrhunderts vergessen schien, eine Art
Latenzzeit, in der die beiden ungleichen Nachbarn den Status quo akzeptierten und
durchaus friedlich, sogar freundnachbarlich zusammen lebten. Man besuchte sich
wechselseitig bei Hochzeiten und stand im kulturellen Austausch. Nicht dass es in
der Zeit zwischen 1500 und 1800 keinerlei Konflikte zwischen Württemberg und
Hohenzollern gegeben hätte. Es gibt durchaus Beispiele, wo die Württemberger den
kleinen Nachbarn seine Unterlegenheit fühlen ließen, so wenn Herzog Ulrich von
Württemberg im Jahr 1517 Graf Franz Wolfgang von Zollern harsch anwies, seine
Hechinger Juden bitteschön aus Württemberg fern zu halten oder wenn derselbe
Herzog Ulrich den Grafen Jos Niclas II. 1538 wegen eines Mords an einem Ebinger
Bürger erneut politisch an sich zu ketten verstand20. Aber es gibt keinerlei Hinweise
auf fortdauernde Annexions gelüste Württembergs21.

Nur ein einziges Mal, im Dreißigjährigen Krieg, stand dieses Gespenst wieder im
Raum, als württembergische Truppen 1633 den Hohenzollern vorübergehend besetzten
. Es waren kriegerische Zeiten und Phasen gesellschaftlichen Umbruchs, in denen
Württembergs Annexionsgelüste ungeschminkt zum Vorschein kamen und anzeigten,
dass sein aus dem Mittelalter stammender Anspruch keineswegs erledigt war, sondern
unter einem dünnen Firnis der Aufklärung nur lauerte. Virulent wurden die württembergischen
Annexionswünsche und reziprok dazu die hohenzollerischen Ängste
um 1806, als sich mit der großen Umgestaltung der politischen Landkarte durch
Napoleon für Württemberg völlig neue Chancen eröffneten. Es kam in der Zeit zwischen
1806 und 1871 zu einer Art Wiederkehr des Vergessenen, die nahtlos an der
Geschichte des Mittelalters anknüpfte und die damals unerledigte Angelegenheit
„Zollern gegen Württemberg" nun sozusagen zur Wiedervorlage auftischte. Deshalb
erscheint diese Episode des 19. Jahrhunderts so stark mit den Ereignissen und Bildern
, mit den Personen und Emotionen des Mittelalters behaftet.

20 Casimir Bumiller: Die jüdische Gemeinde Hechingen im 16. Jahrhundert. In: ZHG 24/25
(1988/89), S. 159-184, hier S. 164 und 177 f.; Casimir Bumiller: Der Tod des Waidmanns Gregor
Blickle. Ein Totschlag des Grafen Jos Niklas von Zollern und seine Folgen. In: Zollernalb-
Profile 1 (1988), S. 104-108.

21 Gönner (wie Anm. 10), S. 13-15.

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