Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 159
(PDF, 57 MB)
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Polemik al fresco

Jetzt schien sich also doch noch das Schicksal zugunsten Württembergs zu wenden
. Doch der Hohenzollern erwies sich für Württemberg endgültig als Fluch: die
Besetzung währte nur wenige Tage25. Schon am 3. Juli 1866 erlitten die Österreicher
bei Königgrätz eine entscheidende Niederlage gegen die Preußen. Damit war nicht
nur Württemberg wieder einmal zum Rückzug vom Zoller gezwungen, sondern
gleichzeitig auch die deutsche Frage einer Antwort näher: Es blieb nun eigentlich nur
noch die kleindeutsche Option unter Führung Preußens.

Es ist aus jenen Tagen der Besetzung Hohenzollerns durch württembergische
Truppen eine heitere und aufschlussreiche Anekdote überliefert. Als die Württemberger
damals das Laucherttal hinauf marschierten, um Gammertingen zu besetzen,
schaute ein hohenzollerischer Bauer aus dem Fenster zu den vorbeiziehenden Soldaten
hinunter. Ein württembergischer Landwehrmann bemerkte den Bauern und
sprach ihn freundlich an: „Grüß Gott, Landsmann!" Der Bauer stutzte, nahm seine
Pfeife aus dem Mund und fragte erstaunt: „Landsmann? - Ja, wellet Ihr au preußisch
wera?"26 Die Geschichte beleuchtet schlaglichtartig die Stimmung in der hohenzolle-
rischen Bevölkerung gegenüber dem württembergischen Nachbarn. Da schwang
durchaus Humor mit, es gab so etwas wie landsmannschaftliche Nähe, aber württembergisch
wollte man in Hohenzollern nicht werden. Das musste auch ein König
von Württemberg zur Kenntnis nehmen.

Die Tatsache, dass Württemberg im Deutschen Krieg auf der Seite der Verlierer
gestanden hatte, führte übrigens zu einem skurrilen Nachspiel. Als unterlegener
Macht wurde Württemberg nach dem Ende des Krieges eine Entschädigungszahlung
auferlegt. Das wäre nun nicht weiter erwähnenswert, wenn es Preußen - wahrscheinlich
unter Einflüsterung von Graf Stillfried, der nicht müde wurde, vor dem „ 400-
jährigen württembergischen Erbfeind" zu warnen - nicht eingefallen wäre, von
Württemberg als Entschädigung eine Gebietsabtretung in Form des Amtes Balingen
zu verlangen, also nichts anderes als die Rückforderung der früheren Herrschaft
Schalksburg, die Hohenzollern 1403 an Württemberg verloren hatte. Dies ist dann
doch ein erstaunlicher Befund, dass nicht nur Württemberg 400 Jahre nach dem vereitelten
Gebietszuwachs nicht aufhörte, Hohenzollern zu bedrängen, sondern auch
Preußen die im Mittelalter erlittene Schmach Hohenzollerns noch 460 Jahre danach
zu rächen trachtete. Es war übrigens Bismarck, der künftige Gestalter des zweiten
Reiches, der diese anachronistisch anmutende Reparationsforderung vom Tisch
wischte27.

Die Besetzung des Zollers im Juni/Juli 1866 war der letzte Versuch Württembergs
einer militärischen Annexion Hohenzollerns. Sie scheiterte ebenso wie alle vorangegangenen
Versuche. Jedes Scheitern Württembergs hatte irgendwie damit zu tun, dass
Hohenzollern es verstand, sich der Protektion größerer Mächte zu vergewissern. Eine
bessere Protektion als im führenden Staat der deutschen Nation aufzugehen, war in
der Tat nicht zu haben. Mit dem Aufgehen in einer größeren politischen Einheit war

25 Christoph von Lindeiner genannt von Wildau: Burg Hohenzollern als preußisch-deutsche
Garnison und befestigter Platz. In: ZHG 3 (1967), S. 53-121, hier S. 79-83.

26 Preußen in Hohenzollern (wie Anm. 5), S. 126.

27 Becker (wie Anm. 6), S. 193 ff.

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