Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 187
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Anton Fink: Die schwarzen und die heiteren Lose meines Erdenlebens

wirtshause. Der Abstieg ging mir etwas zu langsam. Ich versuchte meine Turnerkünste
, machte einen Satz und sprang vom Wagen herab. Das Unglück wollte es, daß
ich auf einen größeren Stein aufsprang und mir den Fuß übel verstauchte. Der Lärm
verstummte augenblicklich. Eine Menge Leute stund um mich herum und fragte
mich nach meinem Befinden. Ich empfand große Schmerzen. Mir blieb nichts anderes
übrig, als heimgehen, um ins Bett zu liegen. Es dauerte nicht lange, da kam der
lange Hanne mit Begleitschaft. Sie brachten mir einen großen Krug Bier und eine
duftende, warme Beete41. [16] Ich aber wollte weder essen noch trinken. Die Schmerzen
hatten überhand genommen. Die Frau Hirschwirtin machte mir geraume Zeit
kalte Umschläge. Die Schmerzen ließen allmählich nach. Ich verfiel endlich in einen
tiefen Schlaf. So bin ich stocknüchtern Soldat geworden.

Im September 1875 bekam ich eine Vorladung, wonach ich mich am 1. Oktober in
Koblenz zu melden habe. Johann Schönbucher42, Sohn vom [Haigerlocher] Stadtbaumeister43
, bekam die gleiche Ordre. Zur rechten Zeit waren wir zur Stelle. Bei Verteilung
der Rekruten wurden wir von einander getrennt. Schönbucher kam, als Baumensch
, zu den Pionieren. Ich marschierte mit einem Häuflein Rekruten nach der
Feste Franz44. In der Kaserne angekommen, empfing mich mein Vetter Wendelin Fink
von der ersten Kompagnie. Auch ich wurde der gleichen Kompagnie zugeteilt. Wie
ich glaube, hatte mein Vetter beim Feldwebel vorgearbeitet. Diesem Vetter war ich
zeitlebens dankbar. In meiner sechswöchigen Dienstzeit brauchte ich weder für meine
Kleider noch für meine Waffe zu sorgen. Wendelin war mein Bursche geworden.
Beim Kleiderfassen warf mit der Unteroffizier eine gar böse Hose zu. Ein Hosenladen
war nicht mehr vorhanden. [17] Vetter Wendelin wußte Rat. Er brachte den Kompagnie
-Schneider und dieser nähte mir kurzerhand den ganzen Laden zu. Für den
andern Tag hatte er mir eine bessere Garnitur besorgt.

Nun ging das Exerzieren los. Unser Sergeant hieß Paris. Er diente im elften Jahre.
In der Pause um 10 Uhr setzte er sich in der Kantine regelmäßig neben mich. Ich
mußte ihm jedesmal sein Vesper bezahlen.

Eines Tages wurden wir zum ersten Male auf den Schießplatz geführt. Ich war Flügelmann
im zweiten Gliede. Der Herr Sergeant trat an mich heran und befahl mir,
ihm in der Kantine 6 Stück Cigarren zu holen. Es fiel ihm aber nicht ein, mir Geld
mitzugeben. Ich lief nach dem Laden und tat, was mir befohlen war. Die Cigarren

41 Kuchen.

42 Johann Bernhard Schönbucher, * Haigerloch 19.8.1855, f Haigerloch 14.8.1934. 1906-1909
Nachfolger seines Vaters Wilhelm als Stadtbaumeister in Haigerloch. Stadtchronik Haigerloch
I (1899-1930), Abschrift: StAS N 1/71 T 1 Nr. 85. - Pfarrarchiv Haigerloch: Familienregister.
- Karl Werner Steim: Haigerloch in preußischer Zeit (1850-1945). Haigerloch 1994, S. 53 f.

43 Wilhelm Schönbucher, * Haigerloch 18.9.1828, | Haigerloch 12.1.1906. 1874-1906 Stadtbaumeister
von Haigerloch. Pfarrarchiv Haigerloch: Familienregister. - Stadtchronik Haigerloch
I (wie Anm. 42). - Steim, Haigerloch (wie Anm. 42), S. 53 f.

44 Genau: „Feste Kaiser Franz". 1817 war die Grundsteinlegung erfolgt, 1818 hatte Kaiser
Franz I. von Osterreich sie besucht und im selben Jahr erging vom Preußen-König Friedrich
Wilhelm III. die Order, das Werk „Feste Kaiser Franz" zu benennen. Vgl. Internetseite „Feste
Kaiser Franz e. V"

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