Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 189
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Anton Fink: Die schwarzen und die heiteren Lose meines Erdenlebens

Nach der Pause wurde weiter exerziert. Ich konnte mich anstrengen, wie ich wollte,
nichts, gar nichts war mehr recht. Wer am Mittag von 12 bis halb 1 Uhr im Kasernenhof
Dauerlauf machte, das war der Musketier Anton Fink.

Am andern Tage kam es noch viel schlimmer. Paris bestellte mich auf abends 8 Uhr
auf sein Zimmer. Ich hatte im Helme zu erscheinen. Punkt 8 Uhr trat ich bei Paris
ein. Er saß am glühenden, eisernen Ofen und war daran, noch mehr Kohlen einzuwerfen
. Ein Leidens-Genosse namens Hartmann war zu gleicher Qual verurteilt.
Nun ging es los: Gewehr auf, Gewehr ab! Gewehr auf, Gewehr ab! Im Augenblick
waren wir im Schweiß gebadet. Wie ein Bächlein rannen die Tropfen den Rücken hinunter
. Uns fielen alle Sünden ein, die wir im Leben begangen hatten. Wahrhaftig, die
Qualen der Hölle können unmöglich noch größer sein! Die Tortur dauerte eine
geschlagene Stunde. [21] Heute noch wundere ich mich darüber, daß wir zwei bemitleidenswerte
Geschöpfe nicht zu einem Wachsklumpen zusammen geschmolzen
sind.

Doch der Menschenschinder Paris wurde bald nachher vom Schicksale ereilt. Die
alten Mannschaften auf [der] Feste Franz, sie wunderten sich baß darüber, daß wir
Lehrer uns solch schmähliche Behandlung gefallen ließen. Jedoch, mein Standpunkt
war: In acht Tagen hört diese Ungerechtigkeit ganz von selber auf. In acht Tagen
quälen sie uns sicher nicht zu Tode. Vetter Wendelin wehrte besonders bei mir und bat
mich, von einer Verfolgung Abstand zu nehmen. Er fürchtete, Paris könnte vor allem
an ihm unbarmherzige Rache ausüben.

Sechs Wochen nachher, als wir abgegangen waren, teilte mir mein Vetter mit: Sergeant
Paris ist nach elfjähriger Dienstzeit mit schnödem Abschied46 entlassen worden
. Ursache war seine Betrügerei uns Lehrern gegenüber. Wir sahen in sechs
Wochen Dienstzeit nicht einen einzigen Laib Brot. Unser Brot wurde verkümmelt,
das heißt zu Schnaps umgewandelt. Nicht wir Lehrer, sondern die alten Mannschaften
haben, wie es scheint, unsere Klagen an maßgebender Stelle zur Anzeige gebracht.
Der Krug geht oft lange zum Brunnen.

[22] Wir sieben Seminar-Brüder wurden auch alle Sieben miteinander Soldat. Alle
Sieben dienten auf der Feste Franz: Fink, Gäßler, Hahn, Haug, Fauler, Horn und
Wannenmacher. Weil ich etwas größer war als meine Kursgenossen, diente ich in der
ersten Kompagnie. Die andern in der dritten und vierten Kompagnie. Bei der Vorstellung
vor dem Oberst von Eiern47 haben wir gut abgeschnitten. Weil ich Führer des
zweiten Zuges war, kam er auf mich zugeritten und befahl mir: „Stellen Sie einmal Ihr
Visir auf 11 Hundert Meter-Distanz." Ich riß mein Gewehr herunter und tat nach
dem Befehl. Darauf ritt der Herr Oberst vor die ganze Front und sagte: „Die Leute
haben ihre Sache gut gemacht!" Vom Rosse herunter gab er dem Wunsche Ausdruck,
wir möchten diesen soldatischen Geist zu Hause auch überpflanzen auf unsere
Schulkinder.

46 = unehrenhaft

47 Im Gothaischen Genealogischen Taschenbuch der Briefadeligen Häuser 10 (1916) S. 187
sind zwei Königl. Preuß. Oberste eingetragen, die in Frage kommen: 1. Albert von Eiern: *
Stade 11.7.1829, f Hannover 7.3.1905; 2. Karl von Eiern: * Krotoschin 24.3.1841, f Bandeis
27.10.1912. Freundl. Mitteilung von Peter Kempf, Fürstl. Hohenz. Hofbibliothek Sigmaringen.

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