Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 199
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0211
Anton Fink: Die schwarzen und die heiteren Lose meines Erdenlebens

mich schriftlich vor für jede Klasse. Was man tut, muß man recht tun. Dieser Grundsatz
begleitete mich durchs ganze Leben.

[40] Meine Krankheiten

In meiner Militärzeit war ich hechtgesund. Ich konnte als Soldat unheimliche Mengen
verschlingen. Bald nach meiner Verheiratung fing ich an zu kränkeln. Kein Arzt
konnte finden, was mir eigentlich fehlte. Auch Professoren fanden es nicht heraus.
Physikus Wern72 von Haigerloch schickte mich jedjährlich ins Bad. Ich war in Haiden73
bei Rorschach, in Lindau, in Baden-Baden, im Wildbad, im Schachteln-Bad74
bei Lindau, in Tölz und Gott weiß wo. Aber: geholfen wurde mir nirgens. Nach Jahrzehnten
kam ich endlich von selber darauf, wo es mir eigentlich fehlte. Auf dem
Abort machte ich eines Tages die unangenehme Entdeckung, daß ich Bandwurm-
Besitzer war. Mein Korpus-Delikti trug ich sofort zum Herrn Dr. Mock75. Dieser
schlug die Hände über dem Kopf zusammen und rief freudestrahlend aus: „O! Herr
Hauptlehrer, jetzt haben wir den Teufel, der Sie so lange schon geplagt hat. Jetzt brauchen
Sie nicht mehr ins Bad zu gehen." Darauf verschrieb er mir eine Medizin, einen
Kolben von einem Liter. Er bemerkte dazu: „Sie müssen eben die Augen zudrücken
und krampfhaft schlucken, dann bringen Sie das Zeug schon hinunter. Gut zu nehmen
ist die Medizin keinenfalls."

[41] In der nahen Apotheke war die Medizin bald bereitet. Ich holte sie und trank
sie mit Todesverachtung. Rattengift kann kaum schlechter sein. Aber, es half. Zwei
Stunden hernach marschierte die Bande aus. Es wollte kein Ende nehmen. Unser
Blech-Lavor war lang und breit. Es war gestrichen voll bis oben. Herr Dr. Mock wurde
herbeigerufen. Er verlangte zwei Stricknadeln. Er suchte nach dem Kopfe, indem
er dabei bemerkte: „So wir den Kopf nicht finden, besteht die Befürchtung, daß der
Bandwurm nachwächst." Der Kopf wurde gefunden. Dabei machte er die Entdeckung
, daß zwei Bandwürmer im Lavor vorhanden waren. Man konnte beide Sorten
leicht unterscheiden. Der eine hatte ganz breite, der andere ganz schmale Glieder.
Es seien die beiden in Deutschland vorkommenden Arten hier beieinander. Wie froh
war ich, meine lästigen Gäste los zu haben! Von da ab war es mir „vögelis wohl".
Nicht nur mein blasses Aussehen verschwand, auch mein Lebensmut hob sich ganz
bedeutend. Ich war aufs Neue Mensch geworden.

[42] Jetzt, wie kamen diese Ungeheuer in meinen Leib hinein? Kaum waren sie
zum Vorscheine gekommen, da fiel mir auch schon ein, woher sie kamen. Auf Weihnachten
1872 bekam ich von meinen Eltern ein großes Stück Rauchfleisch. Als ich es
anschnitt, fiel mir auf, daß so viele weiße Tüpfelchen im Fleische waren. Ueber Finnen76
waren wir im Seminar noch nie belehrt worden. Darum: Ich aß darauf los bis

72 Dr. med. Peter Wern, * Harthausen/Scher 29.6.1835, | Haigerloch 15.7.1897. Pfarrarchiv
Haigerloch, Familienregister.

73 Richtig: Heiden.

74 Richtig: Bad Schachen.

75 Dr. med. Hermann Mock, * Sigmaringen 16.11.1844, f Haigerloch 20.5.1917. Pfarrarchiv
Haigerloch, Familienregister.

76 Die Larve des Bandwurms wird als Finne bezeichnet.

199


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0211