Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 212
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0224
Karl Werner Steim

[65] Geistlicher Rat Maximilian Schnell, Haigerloch

Im Jahre 1877 bezog ich die erste Lehrerstelle in Haigerloch. Pfarrer Schnell108
führte mich in mein neues Gehalt ein. Schnell (als Priester) empfand es nicht als
Unrecht, das Kantor-Gehalt ins Lehrergehalt mit einzubeziehen. Dadurch wurde ich
faktisch um mein Kantor-Gehalt restlos betrogen. Die Stadt hat von da ab „statt meiner
" Kantorie-Gehalt109 bezogen bis zum Jahr 1894. Ich habe 20 Jahre lang in 3 Kirchen
Orgel gespielt, aber keinen Pfennig Gehalt bekommen. Das war ein himmelschreiendes
Unrecht. Schnell wußte es und ließ es ruhig fortbestehen. Zu seiner Entschuldigung
würde er sagen: So wurde es in vielen Gemeinden gehalten. Man zog
Gemeinde-Kassen, Schulfondskassen, Heiligenpflegen, überhaupt alle nur möglichen
Ortskassen heran, um endlich ein Lehrer-Gehalt zusammen bringen zu können.

In Haigerloch war es so schlimm: Die Stadtkasse zahlte im ganzen Jahr bloß
48 Mark zu meinem Lehrer-Gehalte. Das übrige zahlten die reiche Armenpflege und
die Nikolauspflege. [66] Will ich von der Kantorie absehen, dann kann ich sagen: Als
Lehrer hat mir Schnell in der Schule nie die geringsten Schwierigkeiten bereitet. Wir
arbeiteten tadellos zusammen.

Schnell war ein ausgezeichneter Katechet. Auf mechanischem Auswendig-lernen
hielt er nicht viel, umsomehr aber auf Erklärung der Begriffe. Schnell hatte (Kraft
Auftrags von der Regierung) einige Male meine Schule zu revidieren (sobald der
Schulkomissar durch Krankheit verhindert war). Schnell verstund es sehr gut, eine
Schule zu prüfen. Am Schlüsse hielt er jedes mal eine kleine Ansprache, worin er meinen
Fleiß und mein Lehrergeschick hervor hob. Nach jeder Prüfung war ein Festessen
im Pfarrhause, wobei es nobel herging. Am Schlüsse wurde regelmäßig Champagner
-Wein serviert. Bei Tisch saß ich zu seiner Rechten. Schnell animierte mich
fleißig zum Trinken. Er war eine Kraft-Gestalt mit großem Leibes Umfang. Als er
mich wieder animierte, gab ich ihm zur Antwort: „Herr Geistlicher Rat: In ein Faß
geht mehr hinein als in ein Fäßchen." Das gab ein großes Hailoh bei der ganzen Tafel-
Runde. Der beleibte Herr lachte kräftig mit. Er nahm den Scherz durchaus nicht übel.

[67] Schnell erreichte ein Alter von 77 Jahren. Kurz vor seinem Ende kam sein
Amts-Bruder und Schriftsteller Hansjakob zu ihm auf Besuch. Letzterer schrieb
nachher in seinem Buche „Verlassene Wege" über Schnell Folgendes: „Nach mühsamer
Steigung im Pfarrhaus angekommen, war ich überrascht, den todkranken Dekan
nicht etwa im Bett, sondern aufrecht stehend und in tadellosem Anzug in seinem
Empfangszimmer zu finden. Man sah dem hochgewachsenen, imponierenden Manne
an, daß er alle seine Energie zusammennahm, um sich aufrecht zu halten. Er kam
mir vor wie ein Fürst, der seine letzte Audienz giebt, sich dabei aber noch zeigen will
in der alten Kraft und Art. Nobel wie ein Fürst bot mir der sterbende Held auch eine
Flasche Champagner an. Ich dankte und empfahl mich bald, denn Mitleid und
Bewunderung stritten in mir."

108 Maximilian August Hermann Schnell, * Sigmaringen 20.6.1824, f Haigerloch 22.7.1900.
Seit 1869 bis zu seinem Tod Pfarrer in Haigerloch, ab 1866 auch Dekan. Franz Xaver Hod-
ler: Geschichte des Oberamts Haigerloch. Hechingen 1928, S. 566.

109 Leitung des Kirchenchors, Organist.

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