Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 214
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0226
Karl Werner Steim

[70] Kamen die Kinder im Frühjahre herauf in meine Klasse, war es ein wahres
Kreuz für mich. Wo ich hinlangte, war nichts. Am schlimmsten stand es mit dem
Rechnen. Den Kindern fehlte jedwelcher Zahlbegriff. Ich wollte Wolf er das Messen
der Zahlen aneinander zeigen. Da kam ich schlecht an. Ich fand, daß ihm „Messen der
Zahlen aneinander" selber vorkam, als ob es ihm spanische Dörfer wären. Wolfer hatte
von Unterrichts-Methode keine blasse Ahnung. Was man eben nicht gelernt hat,
kann man auch nicht. Jedj ährlich hatte ich die gleiche Mühe, mußte das nachholen,
was unten versäumt worden war. Das „Einmal-Eins" haperte oftmals noch in meinen
hintersten Bänken.

Als bei einer Prüfung der Kreisschulinspektor darauf stieß, erklärte ich ihm diese
Mängel. Derselbe Herr sagte darauf: „Ja, du mein Gott! Aber wo sollen wir hin mit
dem guten Wolfer?" Amtlich half also Niemand. Je mehr Wolfer versäumte, desto
größer war meine Arbeits-Belastung. Folge davon war: Ich mußte im 57zigsten
Lebensjahre meinen Dienst aufgeben und in Pension gehen.

[71] Lehrer Wolf er ist unbestritten eine edle Menschen-Seele, aber im vollsten Ernste
sage ich nocheinmal: Lehrer hätte Wolf er niemals werden sollen! Von Anfang an
hatte Wolfer geplant, Theologe zu werden. Er studierte ein Semester in München. Seinem
Vater ging bald das Geld aus. Wolfer mußte aufhören mit Studieren. Der junge
Mann ging zur Post. Wäre er doch nur in diesem Berufe verblieben! Zum Postbeamten
wäre er weit besser vereigenschaftet gewesen (auf Grund seines längeren Studiums
) als wie zum Lehrfach. Vom Lehrerberuf hatte er anfänglich, wie man sagt, keinen
blassen Schimmer. Den trefflichen Menschen Wolfer zu beleidigen, ist ganz
bestimmt nicht meine Absicht. Ich hätte ihm ein sonniges Auskommen in einem ihm
besser liegenden Berufe von ganzem Herzen gönnen mögen!

[72] Bürgermeister Stehle, Haigerloch

Stehle115 war aus Veringendorf gebürtig. Er war zuerst Lehrer. Er war mittelgroß,
geistig gut veranlagt und von feurigem Temperament. Der strebsame junge Mann
wurde Bürgermeister von Haigerloch. Stehle war mir gutgesinnt. Bei der Lehrer-Wahl
1877 trat er für mich ein. Die Bürgermeister-Gehälter waren damaliger Zeit sehr
bescheiden. Stehle mußte sich um Nebenverdienst umsehen. Er trieb Hopfenbau. Ich
machte es ihm nach. Das Unberechenbarste beim Hopfenbau ist der Hopfen-Handel.
Mitte der 80ziger Jahre war ein ausgezeichnetes Hopfenjahr. Ich hatte 7 V2 Zentner
Hopfen auf der Bühne liegen. Beim Verkauf hatte ich heilloses Pech.

„Der Hopf ist ein Tropf!" Größere Preisschwankungen als wie beim Hopfen sind
bei keinem andern Handels-Gegenstand gebräuchlich. [73] Stehle war ein alter Hopfenzüchter
. Als Anfänger war ich gleichsam sein Lehrling. Beim Hopfen-Verkauf
waren anfänglich ungemein hohe Preise. Für 1 Zentner wurden 400 Mark bezahlt.
Eines Morgens vor Schulbeginn wartet Stehle im Gange auf mich. Ich frug ihn: „Wollen
wir unsern Hopfen nicht auch verkaufen?" Stehle meinte: „England hat Hopfen-

115 Stephan Stehle, * Veringendorf 30.12.1816, f Neckarsulm 19.5.1899. 1838-1856 Lehrer und
1856-1890 Bürgermeister in Haigerloch. Pfarrarchiv Haigerloch, Familienregister. - Steim,
Haigerloch (wie Anm. 42), S. 50 f.

214


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0226