Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 215
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Anton Fink: Die schwarzen und die heiteren Lose meines Erdenlebens

Mangel. Die Preise steigen noch mehr. Wir warten noch eine Zeit lang." Was will das
Schicksal? Statt aufwärts gehen die Preise abwärts. Die Hopfen gelten nur noch 80
bis 90 Mark. Die Frau Stadtbürgermeister Stehle machte jetzt ihrem Manne schwerste
Vorwürfe, weil er seine Hopfen bei hohen Preisen nicht verkauft hatte. Die Frau
drehte aber den Spieß gegen mich und sagte zu mir, ich sei Schuld, daß ihr Mann die
Hopfen nicht abgegeben habe. Frau Stehle grüßte mich von da ab zwei Jahre lang
nicht mehr. Ich war schwer bei ihr in Ungnade gefallen.

[74] So sind die Menschen. Ich hätte mit weit größerem Rechte sagen können:
„Ihrem Manne waren die Hopfen mit 400 Mark noch nicht teuer genug, deshalb ist
der Meister samt seinem Lehrling schwer hereingefallen." Aber, aber. Ja! Ja! Der
Gerechte muß viel leiden116. Wir verkauften dann zu 115 Mark.

Bürgermeister Stehle huldigte sein Leben lang der freien Richtung. Er war von der
politischen Strömung des Jahres 1848 noch schwer beeinflußt. In Gesellschaft führte
der lebhafte Alte häufig gar laute und ausdauernde Debatten. Dabei ging ihm immer
und immer wieder sein Cigarren-Stummel aus. Immer und immer wieder wurde neu
angezunden. Verließ Stehle nach Umfluß einiger Stunden seinen gewohnten Platz im
Bräuhaus, dann hätte man auf Tisch und Boden gut ein (halbes) Schächtelchen verbrauchter
Zündhölzchen zusammen lesen können. Stehle war der schlechteste Bürgermeister
nicht. Längst schon ruht er im Gottes-Acker zu Haigerloch117.

[75] Bürgermeister Münzer, Haigerloch

Münzer118 stammte aus Sigmaringen. Man merkte dem verschlossenen Manne an,
daß er besserer Herkunft war. Münzer war eine hohe, schöne, vornehme Gestalt. Er
stand dem Städtchen als Bürgermeister gut an. In Gesellschaft sah man ihn selten. Er
war etwas scheu, einsilbig und verschlossen. Münzer hatte ein vorbildliches Familienleben
mit gut erzogenen Kindern. Er war ein Freund von Musik und Gesang. Mit
seiner sonoren Stimme sang er manch heiteres Lied und begleitete es selber auf seiner
Gitarre. Die Tochter Marie ließ er ausbilden als Sängerin. Julie sang bei mir im Kirchenchor
. Ein Sohn wurde Lehrer, starb aber im besten Mannesalter. Hermann, der
jüngste Sohn, ist Sekretär am Gericht. Bürgermeister Münzer ruht auch längst schon
in geweihter Erde auf dem Haigerlocher Friedhof.

116 Zitat aus Psalmen 34, 20: Der Gerechte muss viel leiden, doch allem wird der Herr ihn entreißen
. Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Gesamtausgabe. Psalmen und
Neues Testament. Ökumenischer Text. Stuttgart 2004.

117 Stehle wurde in Neckarsulm, wo er seinen Lebensabend verbracht hatte, beerdigt, nicht in
Haigerloch. Steim, Haigerloch (wie Anm. 42), S. 51.

118 Max Münzer, * 10.8.1839 Sigmaringen, f Haigerloch 29.12.1909. 1890-1902 Bürgermeister
von Haigerloch. Pfarrarchiv Haigerloch, Familienregister. - Steim, Haigerloch (wie Anm. 42),
S. 51.

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