Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 223
(PDF, 57 MB)
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Anton Fink: Die schwarzen und die heiteren Lose meines Erdenlebens

Einige Bände habe er schon fertig, aber, er habe noch viele, viele Jahre zu arbeiten, bis
er ganz fertig sei.

[95] Dieser interessante, geistig überragende Mann hatte in Haigerloch die Aufgabe
, die Schüler der ersten Jahrgänge in der Religion zu unterrichten. Tensi war Religionslehrer
meiner Schul-Klasse: Unter und Mittelstufe. Er hatte weder Freude noch
Geschick beim Unterrichten. Im Frühjahre, beim Eintritt der A. B. C.-Schützen, ließ
sich Tensi die ersten 6 Wochen nicht blicken. Kam er dann, so war das Erste, daß er
zu mir sagte: „Wissen Sie, Herr Lehrer, bevor Sie nicht 6 Wochen lang an den Kindern
gearbeitet haben, kann ich überhaupt ihnen nichts beibringen." Beim ersten
Besuch gab er ihnen 9 Seiten auf zum Auswendig lernen. In der nächsten Stunde stellte
er sich mit seinem munzig-kleinen Religionsbüchlein vor die Kinder, las ihnen Fragen
und Antworten vor. So wurde der Unterricht durch 9 Seiten fortgesetzt. Diese 9
Seiten reichten gerade aus, um eine Stunde auszufüllen. Die Kinder zu fragen, fiel ihm
gar nicht ein. Es war ihm auch gleichgiltig, ob eines aufpaßte oder nicht. [96] Diese
Kleinarbeit war seinem großen Geiste widerlich. Hätte ich mich der Kleinen nicht
angenommen, bei ihm hätten sie weder das Kreuz machen, noch sonst ein Gebetlein
gelernt.

Als Mensch war Tensi ein feiner Mann, ein Hofmann vom Scheitel bis zur Zehe.
Er war der geborene Hof-Kaplan, ihn ekelte die Schul-Meisterei an. Tensi besaß auch
Humor. Einmal in einem außerordentlich kalten Winter hatten wir zwei (bei 22 Grad
Kälte) an einem Sonntage (nachmittags nach der Vesper in der Schloßkirche) bei St.
Anna eine Leiche zu halten. Wir gingen den Schlossberg hinab, die Anna-Halde hinauf
und auf dem Wege fror es mich der Maßen, daß mir beinahe die Zähne klapperten
. Ich beklagte mich über die bittere Kälte. Da sagte Herr Tensi zu mir: „Herr
Hauptlehrer, ich friere nicht. Ich habe einen Fett-Panzer bei mir", und zeigte dabei
auf seinen dickgeschwollenen, walzenrunden Leib! Wir mußten beide lachen, trotz
der grimmigen Kälte.

[97] Die Hexe von Haigerloch

Noch ums Jahr 1880 herum lebte in Haigerloch ein auffallend kleines, dürres Hutzel
-Weibchen. Es war nicht größer als ein Mädchen mit 12 Jahren. Das Hutzelweibchen
mag 60 Jahre gezählt haben, als ich es kennen lernte137. Es wohnte im kleinsten
Häuschen der Unterstadt. Die Leute nannten es: „'s Schwitzeries Brigattle." Dieses
armselige Geschöpf galt allgemein als eine Hexe. Die Leute fürchteten sich vor ihr. So
viel ich merkte, wußte „'s Brigattle", daß man sie für eine Hexe hielt. Mit Vorliebe
führte sie den Ziegen-Bock die Stadt hinauf spazieren. Die Leute stellten rasch den
Besen verkehrt vor das Haus, damit die Hexe ihnen keinen Schaden zufügen solle.
Alles sprang alsdann ins Haus hinein und wartete, bis die Hexe mit ihrem Ziegenbock
vorbei gezogen war. Diesen Vorgang habe ich in den 80ziger Jahren zu nachstehendem
Gedichte verarbeitet:

137 Trotz umfangreicher Bemühungen von Heinz Hennige, Haigerloch, dem ich dafür danke,
konnte in der Zeit um 1880 keine Person ausfindig gemacht werden, auf die diese Beschreibung
zutrifft.

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