Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 236
(PDF, 57 MB)
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Rolf Vogt

Heute wird Otto Nerz konträr diskutiert4. Das Hickhack findet sich im Umfeld
des 100. Jubiläums, das der Deutsche Fußball-Bund im Jahr 2000 feiern wollte. Jürgen
Leinemann, renommierter Spiegel-Autor, sprach 1997 in seiner Herb erger-Biographie
von Trainersturz und Machtkampf und beschrieb ein „verletzende[s] Gerangel
" Herbergers mit Otto Nerz, „der sich heftig gegen die Ideen des jungen Mannes
in seinen Fußstapfen wehrte"5. Jung heißt in diesem Falle 39, der alte Nerz war
damals 44.

Für den DFB entwickelte sich ähnlich wie zuvor bei Großkonzernen und Banken
eine hektische Diskussion um das Maß an Verstrickung in das nationalsozialistische
Terrorregime. Das Pendel schwang zunächst in ein Extrem, von dem aus dem gesamten
Fußball-Bund Nähe zum Nationalsozialismus schon vor 1933 angelastet wurde6.
Otto Nerz wurden Parteimitgliedschaft, SA-Karriere und Judenfeindlichkeit vorgehalten
. Den Gegenschlag führte im Jahr 2000 Nerz-Nachlassverwalter Karl-Heinz
Schwarz-Pich. Der Mannheimer Sporthistoriker versuchte, den Hechinger Reichstrainer
zu entlasten und von allen Fehlern frei zu sprechen. Sportlich und politisch.
Aber auch Schwarz-Pich glaubt an einen Machtkampf zwischen Herberger und Nerz
in den Jahren 1936 bis 1938. Der Mainzer Historiker Nils Havemann hat seit dem
Jahr 2005 mit der vom DFB initiierten Studie über den „Fußball unterm Hakenkreuz
" das vorerst letzte Wort. Er legt sich in der Trainerfrage nicht fest und sieht
Nerz lieber als beispielhafte Figur, die „wie kaum ein anderer Repräsentant des DFB
die mit dem allgemeinen Aufschwung verbundene Begeisterung für das NS-Regime"
verkörpert haben soll7.

Aber keiner der Autoren beschreibt den selben Lebenslauf. Beliebig wählbar sind
derzeit der Geburtsort des Reichstrainers, das Sterbedatum und andere biographische
Details. Erheblichen Einfluss auf die Bewertung hat die Vordatierung der Berufung
von Nerz auf den Direktorenposten im Sportpraktischen Institut der Berliner
Reichsakademie für Leibesübungen um zwei Jahre bei allen Autoren, die eine Fehleinschätzung
der beruflichen Veränderung 1938 mit sich bringt. Schließlich wird der
vermeintliche Machtkampf ohne das gesellschaftliche Umfeld gesehen.

4 Nils Havemann: Fußball unterm Hakenkreuz. Der DFB zwischen Sport, Politik und Kommerz
. Frankfurt/M. 2005. Jürgen Buschmann, Karl Lennartz und Hans G. Steinkemper
(Hg.): Sepp Herberger und Otto Nerz. Die Chefdenker und ihre Theorien. Ihre Diplomarbeiten
. Kassel 2003. Dirk Bitzer und Bernd Wilting: Stürmen für Deutschland. Die Geschichte
des deutschen Fußballs von 1933 bis 1954. Frankfurt/M. 2003. Karl-Heinz Schwarz-Pich
(wie Anm. 2). Jürgen Leinemann: Sepp Herberger. Ein Leben, eine Legende. München 2004
(Erstausgabe Berlin 1997). Nur Nils Havemann bemüht sich um verlässliche Quellenangaben.
Im Internet vgl. neben der DFB-Website die Online-Enzyklopädie Wikipedia, de.wikipe-
dia.org/wiki/Otto_Nerz, sowie die Eintragung im Munzinger-Archiv, www.munzinger.de,
und die biographischen Angaben der Sepp-Herberger-Stiftung unter www.sepp-herberger.de.

5 Leinemann (wie Anm. 4) S. 433.

6 Gerhard Fischer und Ulrich Lindner: Stürmer für Hitler. Vom Zusammenspiel zwischen
Fußball und Nationalsozialismus. Göttingen 1999. Arthur Heinrich: Der Deutsche Fußballbund
. Eine politische Geschichte. Köln 2000.

7 Havemann (wie Anm. 4) S. 151.

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