Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 237
(PDF, 57 MB)
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Der Fall Otto Nerz - ein sporthistorisches Märchen
1. HECHINGEN - MANNHEIM - BERLIN

Hinter den vielen Fabeln läuft die Biographie von Otto Nerz Gefahr, verloren zu
gehen. Sie beschreibt die Geschichte eines Mannes, dem der Fußballsport den sozialen
Aufstieg ermöglichte. Otto Nerz schafft den Sprung aus dem mittelständischen
Handwerkermilieu in die akademische Sphäre der Gelehrsamkeit. Er soll verschlossen
und eigensinnig gewesen sein und auf der anderen Seite wissbegierig und begabt.
Er ist der Gentleman-Trainer, der mit Anzug und Krawatte auf der Trainerbank zu
sehen ist. Otto Nerz verkörpert den Typ des Bildungsbürgers, wie seine Zeit sie vielfach
gekannt hat. Der Unterschied liegt in seiner Popularität zu Lebzeiten.

Geboren wurde Otto Nerz am 21. Oktober 1892 in Hechingen, beschauliche Oberamtsstadt
in der süddeutschen preußischen Exklave Hohenzollern. Nerz lebte acht
Jahre lang dort. Sein Vater Georg Nerz war ein tüchtiger Handwerker, den das private
Glück verließ. Im Oktober 1889 zog er mit seiner Familie aus seinem Heimatdorf
Beuren nach Hechingen und eröffnete in der Herrenackerstraße ein Seilergeschäft.
Sein Haus brannte im Mai 1890 nieder, weil seine Kinder mit Zündhölzern gespielt
hatten. Das Feuer griff sogar auf das Nachbargebäude über. Aber schon im Dezember
war neu gebaut, und das Geschäft ging weiter.

Dann ließ das Augenlicht nach, und Georg Nerz erblindete. 1897 dachte er erstmals
an Wegzug, fand aber keinen Interessenten für seinen Betrieb. 1899 hatte er mehr
Erfolg, er konnte die beiden Häuser in der Herrenackerstraße verkaufen. Nerz zog
mit seiner Familie innerhalb Hechingens um. In der Schulstraße eröffnete er ein Seiler
-, Bürsten- und Schuhgeschäft. Den Handwerksbetrieb gab Georg Nerz vermutlich
auf, übrig blieb der Verkauf. Möglicherweise führte sogar seine Frau Josefine den
Laden - auf jeden Fall, als Georg Nerz nach Tübingen ging. Im April 1900 meldete
er sich dort mit unbestimmtem Zweck des Aufenthalts an. Vielleicht suchte er medizinische
Hilfe für seine Augen. Seine Familie blieb in Hechingen, wo ihm seine Frau
am 4. Oktober den Sohn Franziskus gebar. Im Dezember 1900 verkauften die Nerz
ihr Geschäft und zogen gemeinsam nach Mannheim. Ein naher Verwandter von Josefine
Nerz lebte dort. Die Familie meldete sich mit Datum vom 1. Januar 1901 an8.

In Mannheim wurde Otto Nerz groß. Er spielte Fußball am liebsten als Läufer,
verließ das Realgymnasium mit dem „Einjährigen" als Mittlerer Reife, lernte ab 1907

8 Stadtarchiv Hechingen, Brandkataster und Meldeakten, Altregistratur Einwohnermeldeamt.
Hohenzollerische Blätter (künftig: Hz. Bl.) Nr. 159/10.10.1889, 71/08.05.1890, 196/16.12.1890,
2/05.01.1897, 19/04.02.1899, 76/18.05.1899. Chronik der Stadt Hechingen. Hechingen 1980.
S. 313. Stadtarchiv Tübingen, A70/397 (Ohne Titel/Verzeichnis der neu Zugezogenen)
Nr. 8317. Meldedatum Mannheim frdl. Mitteilung Karl-Heinz Schwarz-Pich. Das Anwesen der
Nerz in der Herrenackerstraße umfasste die Gebäude 27 und 29, Wohnhaus war das Gebäude
29. [Hardy Kromer:] Die Nummer eins kam aus Hechingen. In: Hohenzollerische Zeitung
(künftig: HZ) Nr. 143/24.06.2000. Tobias Zug: Deutschlands erster WM-Trainer hat kurz
auch in Tübingen gelebt. In: Schwäbisches Tagblatt 16.03.2006, siedeln die Familie auch in der
Bahnhofstraße an, was letztlich auf Georg Nerz selbst zurückgeht, der in einer Geschäftsanzeige
seinen Betrieb in der Herrenackerstraße als Immobilie aus der Bahnhofstraße anpries.
Havemann (wie Anm. 4) S. 151, nennt Beuren als Geburtsort von Otto Nerz.

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