Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 245
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0257
Der Fall Otto Nerz - ein sporthistorisches Märchen

Gelegenheit den anderen Sportlehrern. Er bestimme, wer die Nationalmannschaft
betreue, soll er gesagt haben, und das böse Wort vom Trostpflaster für Herberger
machte die Runde. Am Nachmittag schickte Nerz Georg Knöpfle zum Training mit
der Nationalmannschaft, die er dann zusammen mit den Sportlehrern dem Reichssportführer
vorstellte. Herberger war nicht dabei und ärgerte sich maßlos. Er sagte
das Nerz bei einem Spaziergang auf dem Akademiegelände. Das Gespräch endete mit
einem Eklat. Er habe sich von Nerz sagen lassen müssen, daß die Einsetzung eines
Reichstrainers nicht nach seinem Willen sei, erinnerte sich Herberger einen Monat
später in einem Brief. Er war jetzt bitter beleidigt. Ich ließ ihn stehen, schrieb er.

In diesem Streitgespräch wird zum ersten Mal ein Bruch in der Freundschaft
sichtbar. Er ging von Herberger aus, der Cheftrainer und hauptverantwortlicher
Sportlehrer werden wollte, wie es in der „Fußball-Woche" gestanden hatte. Nerz
wünschte sich offenbar eine Lösung ohne Hierarchie auf der Angestelltenebene und
hatte dabei die anderen Sportlehrer im Blick, die mit der Berufung Herbergers übergangen
wurden. Herberger warf Nerz später sogar vor, den anderen (Leinberger,
Knöpfle, Lehmann, Fabra) was vorgegaukelt zu haben.

Nerz nahm den Streit mit Herberger zunächst leicht. Er unterrichtete Felix Linnemann
nur davon, daß [Herbergers] Ernennung Zündstoff unter den Sportlehrern
gegeben hätte [...] und daß [Herberger] gegen Knöpfles Betreuung der Nationalmannschaft
gewesen wäre. Sepp Herberger fiel aus allen Wolken, als Felix Linnemann
ihm das am 5. November sagte. Herberger hatte ihn angerufen, um eine Beschwerde
loszuwerden. Er drängte auf Klarheit. Auch bei Guido von Mengden, dem Referenten
des Reichssportführers, sprach Herberger an diesem Tag vor. Er ließ sich versprechen
, dass spätestens in vier bis fünf Wochen alles geklärt ist und in Ihrem Sinne geregelt
sein wird.

Nach Lehrgangsende war Herberger weiter ohne Vertrag, doch er blieb in Berlin
und arbeitete in der Vorbereitung der Nationalmannschaft auf das Länderspiel gegen
Italien (2:2) am 15. November mit. Bei einem Morgentraining wurde er von Nerz dem
NSDAP-Gauleiter Albert Forster vorgestellt, der mit Reichssportführer von Tschammer
und Osten die Mannschaft sehen wollte. Herberger war immer noch sauer. Er ließ
es drauf ankommen und klagte dem Reichssportführer auf dem Platz, daß die Aufgaben
, die eigentlich mir zustünden, an andere Leute vergeben seienf] und ich nicht
wüßte, was ich eigentlich dabei tun sollte. Der Gauleiter wurde hellhörig. Nach dem
Spiel sprach er im Mannschaftshotel, dem Russischen Hof, Herberger an. Sie bekommen
, was Sie fordern, soll er versprochen haben35. Vermutlich suchte Forster darauf
das Gespräch mit Reichssportführer von Tschammer und Osten. Es gab sicher viele
Politiker, die den Reichssportführer damals auf dieses Fachamt ansprachen. Fußball
war Nationalsport in Deutschland, und außer Hitler waren alle NS-Größen Fans.

Herberger fuhr zurück nach Duisburg und wartete. Am 18. Dezember 1936 war
immer noch kein Brief aus Berlin da. Herberger wandte sich noch einmal an von
Mengden, um zu erfahren, wie meine Tätigkeit als Reichstrainer eigentlich gedacht

35 Die Autoren, die Forster als Stütze Herbergers sehen, bedenken wenig, dass ihre Bekanntschaft
erst am Rande des Länderspiels vom 15.11.1936 entstand und kaum Einfluss auf eine
Personalentscheidung zwei Wochen zuvor gehabt haben kann.

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