Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 247
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0259
Der Fall Otto Nerz - ein sporthistorisches Märchen

Herberger hatte, was er wollte. Er wurde Cheftrainer und war zufrieden mit dem
Vorschlagsrecht bei der Mannschaftsaufstellung. Dass Herberger am Referentenposten
im Fachamt etwas auszusetzen gehabt hätte, lässt sich nicht belegen. Auch der
November-Streit war ausgestanden.

Nerz konnte genauso zufrieden sein. Er hatte die fachtechnische Aufsicht über die
Sportlehrer, die Herberger gar nicht in Frage stellte. Von der dienstrechtlichen Aufsicht
- lästige Verwaltungsarbeit - war Nerz befreit. Uber ihm war nur noch Linnemann
. Früher hatte er auch Josef Glaser vor sich. Dass sich Herberger und Nerz an
den Spielausschussvorsitzenden erinnerten, als sie in Düsseldorf eine Regelung für
ihre Arbeit fanden, lag nahe. Mit dem Führerprinzip im Rücken war auch klar, dass
Herberger im Fachamt Nummer 3 war, Nerz Nummer 2 und Linnemann Nummer

1. Linnemann hielt seinen Posten, Glaser ging, aber sowohl Nerz als auch Herberger
rückten auf. Beide hatten nach der Neuordnung im November 1936 stärkere Positionen
als zuvor.

Arbeitsvertraglich blieb Herberger noch bis Mai 1937 an den Westdeutschen Spielverband
gebunden, bei den Länderspielen saß mal der eine, dann wieder der andere
auf der Trainerbank. Das Dream Team, das beim Deutschen Turnfest am 16. Mai 1937
in Breslau Dänemark mit 8:0 nach Hause schickte, die sogenannte Breslau-Elf, gehört
in diese Ära. Mit zehn Siegen und einem Unentschieden in elf Länderspielen war das
nacholympische Jahr für den deutschen Fußball erfolgreich wie keins zuvor. Anzeichen
für eine Verstimmung zwischen den Freunden Nerz und Herberger38 sind in
dieser Zeit nicht zu erkennen. Eher das Gegenteil. Beide arbeiteten eng zusammen.
Beispielhaft ist die Episode vom Bankett nach dem Länderspiel gegen die Schweiz am

2. Mai 1937 in Zürich (1:0). Nerz schob Herberger einen Zettel mit dem Entwurf der
Mannschaftsaufstellung für das Breslau-Spiel gegen Dänemark zu, den Herberger mit
drei Anderungsvorschlägen zurück gab. Nerz nickte und fand den Vorschlag in Ordnung
. Wo in dieser Szene, wie zu lesen ist, ein Machtgerangel erkennbar sein soll, ist
rätselhaft. Auch das Konzept einer Reichsliga unterstützten beide.

Die Gefahr kam damals aus einer anderen Ecke. Mitte 1936, kurz nach der Gründung
, einigte sich der Reichsbund für Leibesübungen mit der Hitlerjugend vertraglich
über die Zukunft der Jugendabteilungen in den Sportvereinen. Aber die SA und
Robert Leys Arbeitsfront mit ihrer Freizeitorganisation „Kraft durch Freude" hatten
eigene Sportpläne. Das Fachamt Fußball und der gesamte Reichsbund für Leibesübungen
standen unter massivem politischen Druck. Fachamtsleiter Felix Linnemann
machte diese Erfahrung als nächster. Er wurde versetzt, offenbar auf Betreiben von
Gestapo-Chef Reinhard Heydrich, der inzwischen sein oberster Dienstherr bei der
SS-geführten Polizei war39. Heydrich soll ihm gesagt haben, er wolle einen Partei-
und SS-Mann auf seinem Posten bei der Berliner Polizei sehen. Linnemann hat dies
durchaus glaubhaft im Entnazifizierungsverfahren nach dem Krieg erklärt. Der Kriminalbeamte
wechselte zum 1. April 1937 nach Stettin. Das Trio im Fachamt Fußball

38 Schwarz-Pich (wie Anm. 2) S. 140f. erwähnt ohne weitere Erklärung, dass der stellvertretende
Leiter des Fachamts Fußball, Wilhelm Schmidt, im Juni 1937 Nerz und Herberger
ermahnt habe, Streit nicht in der Öffentlichkeit auszutragen.

39 Havemann (wie Anm. 4) S. 204.

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